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Das geistliche Oberhaupt und sein filmender Begleiter. Dolpo Tulku (v.) und der Filmemacher Martin Hoffmann in den Thalia Arthouse Kinos.

©  Manfred Thomas

Kultur: Kleiner als der Dalai Lama

Dolpo Tulku, geistliches Oberhaupt von 30 000 Budhisten, kam zum Filmgespräch in die Thalia Kinos

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Man hätte ja nie geglaubt, dass es hierzulande so viele Freunde und Förderer des Buddhismus, des Dolpo und seines geistlichen Oberhauptes, dem „Tulku“, gibt. Allein am Wochenende bevölkerten etliche davon einen ganzen Vorführsaal der Thalia Arthouse Kinos, fast 180 Plätze fassend. „Heimkehr in den Himalaya“ heißt der abendfüllende Dokumentarfilm von Martin Hoffmann aus dem Jahre 2009, der im Beisein von Dolpo Tulku und Filmemacher Hoffmann gezeigt wurde.

In meist ruhigen Bildern erzählt er seine Geschichte aus der Nordwestregion von Nepal. Hier im Dolpo, von der Größe her dem Saarland vergleichbar, mit über 4000 Metern nur etwas höher, leben etwa 30 000 Buddhisten im Kontinuum ihrer Tradition seit eh. Sehnsüchtig erwarten sie die Rückkehr ihres Hirtenknaben Sherap Sangpo, der gegen den Willen seiner Eltern unbedingt Mönch werden wollte und dabei seine Berufung entdeckte: Als Reinkarnation eines „hochstehenden Kaisers“ (Lama) dessen Werke vor Ort weiterzuführen. In diesem Sinne bedeutet der Titel „Tulku“ Nachfolger. Ausbildung und Studium erhielt er, der Film schildert es ausführlichst, in Indien. Nach siebzehn Jahren nun tritt der nicht mal 30-Jährige die Rückreise zu seinem Volk, zu den Eltern an, mit dem Zug, im Flugzeug, auf Pferden, dann auch zu Fuß. Als geistlicher Führer soll er Herr über drei klösterliche Amtssitze werden, soll etwas für die Infrastruktur tun. Vertrauen und Verehrung sind so groß wie die Erwartungen an ihn, aber die nepalesische Regierung schickte bisher weder Medikamente, noch unterstützt sie seine Pläne, Schulen, Straßen und Krankenhäuser zu bauen.

Erst beim Filmgespräch mit dem Tulku erfuhr man, dass sein Stamm weniger als zehn Prozent von Nepals Völkern ausmacht, die anderen sind Hindus. Der Film begleitet den Zug des Dolpo Tulku in 100 Minuten die Berge hinauf, erzählt von Dörfern, vom Lebensalltag dieser Minderheit, führt über die rituelle Inthronisation des Tulku hinaus in den Alltag des Dolpo. Er wolle seine Verantwortung wahrnehmen und tun, was ihm möglich sei, erklärte der Freund von Handys und Computern dem Publikum ganz unpolitisch. Wenigstens in der Zeit, wo da oben kein Schnee liege. Selbstzweifel verschwieg er nicht: Kann er die Erwartungen des Volkes, welches ihn so achtet und ehrt, wirklich einlösen? Er fühle sich ohnehin „kleiner als der Dalai Lama“. Die rührende Szene mit der ratsuchenden 69-jährigen Frau, die „alles im Leben getan“ hat und nun nicht mehr weiß, was sie noch tun soll, zeigt, wie angebracht solche Vorsicht ist.

Martin Hoffmanns „Kulturfilm“ erzählt aus Tulkus Perspektive. Er benutzt Zwischentitel und Untertexte, um auf die menschlichen Probleme dieser abgeschiedenen Bergwelt hinzuweisen. Hielt sich der sozial engagierte Streifen also mit politischen Andeutungen zurück, so ballerte der Moderator von der Potsdamer Tibet-Initiative – sie füllte viele Sitzplätze– sofort gegen die „chinesischen Invasoren“, welche „den Buddhismus in Tibet“ – äußerst peinlich, da hier doch von Nepal die Rede war – „allmählich ausrotten wollen“. Erwartungsgemäß wurde so der ganze Abend durchpolitisiert, wer würde sich denn sonst für das Dolpo interessieren? Gerold Paul

„Dolpo Tulku - Heimkehr in den Himalaya“ täglich um 16.45 Uhr in den Thalia Arhouse Kinos, Rudolf Breitscheid Straße 50

Gerold Paul

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