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Kultur: Klingende Galanterien

Musikalischer Wettstreit bei den Hofkonzerten

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Musikalischer Wettstreit bei den Hofkonzerten Sie mochten einander überhaupt nicht, beschimpften sich, wo es nur ging. Der verbale Schlagabtausch zwischen Preußenkönig Friedrich II. und der österreichischen Kaiserin Maria Theresia war schon Thema bei einem Potsdamer Hofkonzert im Preußenjahr anno 2001. Nun lässt uns die Konzertagentur Barbara Heidenreich erneut an der Auseinandersetzung zwischen den kunstliebenden Monarchen teilhaben. Diesmal ist''s ein musikalischer Wettstreit zwischen Potsdam und Wien, der auf der Bühne im Schlosstheater des Neuen Palais stattfindet. Eigentlich ist er müßig, denn am preußischen Musenhof mit seinem flötenspielende Regenten pflegte man vorzugsweise die Kammermusik, in Schönbrunn mehr die opernkomponierenden Tonsetzer. Um dennoch auf einen kleinsten gemeinsamen Nenner zu kommen, musiziert das Ensemble „Musica Novantica Vienna“, bestehend aus Mitgliedern der Wiener Bachsolisten, fast ausnahmslos Flötenmusiken der Herren Hofcompositeurs aus beiden Lagern. Eine Huldigung an den Genius loci, wie man es von den Potsdamer Hofkonzerten als „Hausmarke“ nicht anders erwartet. Die Potsdamer dürfen als erste von ihren Künsten künden. Friedrichs Flötenlehrer Johann Joachim Quantz eröffnet den Reigen klingender Galanterien. Zwei Querflöten verlangt er in seiner G-Dur-Trio-Sonate. Katharina Kröpfl und Robert Pinkl blasen sie in bestem Einvernehmen. Vorzüglich assistiert werden sie von den Continuisten Wolfgang Rieger (Violoncello) und Erich Traxler (Cembalo). Gefällige Flötentöne steuern Ihro Majestät in Gestalt der tändelnden 84. Sonate c-Moll bei. In ihrer Anlage bedient sie musiktheatralische Formen wie Rezitativ und Bravourarie (Andante cantabile) und kündet im dritten Satz von Friedrichs fugenkönnerischem Geschick. Katharina Kröpfl zeigt sich dabei lustvoll und versiert, auch wenn sie „nur“ eine moderne Querflöte statt einer historischen Traversflöte bedient. Was schade ist, denn mit dem gerundeten, klanglich sich nie in den Vordergrund drängelnden Cembalo und seinem stilsicheren Tastateur Erich Traxler steht ein Tonwerkzeug zur Verfügung, das mit der Traversiere gut „gekonnt“ hätte. Solistisch brilliert es beim feinsinnigen Vortrag von Wilhelm Friedemann Bachs d-Moll-Phantasie. Bei der E-Dur-Triosonate von Bruder Carl Philipp Emanuel tritt es dann wieder in die zweite Reihe, um den beiden Flötenspielern klanglichen Beistand zu leisten. Dabei sucht keiner den anderen zu übertreffen. Dennoch prägen sich Unterschiede ein: während Robert Pinkl mühelos die kecksten Koloraturen und ausgeglichensten Linien bläst, klingt Katharina Kröpfls Ton etwas angestrengter. Dann haben die k.u.k.-Hofkomponisten das Sagen. Und sofort ist dem Spiel der Musiker anzuhören, dass man in der Donaumetropole angelangt ist. Es singt und klingt und schwingt, wie es das Klischee verheißt. Doch leider werden Stücke wie der „Reigen seliger Geister“ aus Glucks Oper „Orfeo ed Euridice“ genauso in einer Bearbeitung gespielt wie Mozarts F-Dur-Andante und f-Moll-Phantasie, die beide für Orgelwalze bestimmt sind. Auch die Flötensonate KV 10 des achtjährigen Wunderkindes ist eine Violinsonate, mit der Robert Pinkl virtuos brilliert. Haydns C-Dur Trio für 2 Flöten und Violoncello hört sich wie kapriziöse Dialoge eines jungen, frischverliebten Paares unter altväterlicher Obhut an. Peter Buske

Peter Buske

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