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Kultur: Kneipp“sche Klanggüsse

Orgelsommer-Konzert mit Thiemo Janssen in der Erlöserkirche

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Vom Veranstalter des Internationalen Orgelsommers sei er gebeten worden, etwas „rund um Buxtehude“ zu spielen, lässt Organist Thiemo Janssen vor seinem Konzert in der Erlöserkirche das Publikum wissen. Auch, dass er vor 15 Jahren bereits einmal in der Landesmetropole gewesen sei. Zu welchem Behufe bleibt allerdings offen. Diesmal bringt er ein hauptsächlich von norddeutscher Orgelschule geprägtes Programm mit. Es ist stark von den Möglichkeiten der Schuke-Orgel beeinflusst, die sich bekanntermaßen vorzüglich für barocke Klänge eignet. Manche Farbmixturen wie die diverser Flöten und Pfeiffen mögen den Organisten, der seit sieben Jahren die berühmte Arp-Schnitger-Orgel (686/87) in Norden/ Ostfriesland in seiner Obhut hat, an sein Dienstinstrument erinnert haben.

Mit Praeludium, Fuge und Ciacona C-Dur erfolgt sogleich die Hommage an das Haupt der norddeutschen Orgeltradition, Dietrich Buxtehude (1637-1707). Wuchtig führt Janssen das einleitende Pedalsolo aus, welches temperamentvoll und geradezu lakonisch phrasiert in den Fortgang des musikalischen Geschehens mündet. Einem kurzen fugierten, tänzerisch beschwingten Abschnitt folgt der kraftvoll artikulierte Griff aufs volle Orgelwerk, wobei die Prinzipalstimmen eindeutig das Sagen haben. Flinke Läufe leiten zur Ciacona über, für deren Ostinato im Bass sich Janssen eine schnarrende Pedalstimme erwählt. Nach dem Erhabenen sorgt nachfolgend die d-Moll-Passacaglia BuxWV 161 für besinnliche Stimmungen. Hierbei kommt das 8-Fuß-Prinzipal zu favorisiertem Einsatz. Gleich einem Kneippschen Guss wird die Seele mit dem lebendig vorgetragenen, scharff-getönten, voluminös brausenden und von eleganten Melodieverzierungen strotzenden d-Moll-Praeludium von Georg Böhm (1661-1733) erneut in ein Wechselbad der Gefühle gestürzt. Entspannung findet sie wieder bei 14 Variationen über „Jesu, du bist allzu schöne“, die einem Spaziergang durch reizvolle Soloregister gleichen. Janssen gestaltet die einzelnen Veränderungen zu feingliedrigen und zartgetönten Miniaturen.

Was verstörend mit einem dissonanten Aufschrei beginnt, entpuppt sich als nahtlos einander folgende, kontrastgeprägte Première und Deuxiéme Fantaisie von Jehan Alain (1911-1940), in denen sich barocker Kontrapunkt und norddeutsche Monumentalität in moderner Gewandung wieder finden. In ihrer spröden Grelle wirken die Diskantregister fast aufdringlich. Im Gegensatz dazu besänftigen in der zweiten Fantasie liebliche Zungenstimmen die aufgewühlten Sinne. Thiemo Janssen versteht es, mit dieser sozusagen dialektischen Spielweise und Programmdramaturgie die einzelnen Werke in neue Sinnzusammenhänge zu bringen. Wie abschließend auch zwei Werke vom Verehrer der norddeutschen Orgelkunst, Johann Sebastian Bach. Freudig und tänzerisch bewegt ertönt in heller Registrierung die Choralbearbeitung über „Herr Jesu Christ, dich zu uns wend“ BWV 655, kraftvoll und strahlend schließlich die C-Dur-Toccata BWV566. Einschließlich ihres „hüpfenden“ Fugenthemas natürlich im organo pleno vorgetragen. Ein Bachscher Gruß an Buxtehude: der Kreis hat sich geschlossen. Peter Buske

Peter Buske

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