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Kultur: „Königin“ strahlender denn je Friedrich Meinel führte renovierte Orgel vor

Ist der Erinnerung zu trauen? Seit ihrer Geburtsstunde im Jahre 1964 fielen der neobarock disponierten Schuke-Orgel in der Erlöserkirche die Elogen nur so zu.

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Ist der Erinnerung zu trauen? Seit ihrer Geburtsstunde im Jahre 1964 fielen der neobarock disponierten Schuke-Orgel in der Erlöserkirche die Elogen nur so zu. Man rühmte ihre Klarheit und Strahlkraft, ihren Glanz und die Möglichkeit, polyphone Strukturen besonders gut darstellen zu können. Sie umgab sich bald mit dem Ruhm, für Bachs Werke das geeignetste Instrument innerhalb der Potsdamer Orgellandschaft zu sein. Über die Jahre hinweg war sie jedoch optisch eine graue Maus geworden. Nun zeigt sie sich nach ihrem Lifting, dessen Kosten von 27 000 Euro vorwiegend aus Spenden erbracht worden sind, als eine strahlende „Königin“, die sich mit einem von Friedrich Meinel gespielten Orgelkonzert gebührend feiern lässt.

Von außen erstrahlt das Gehäuse nun elfenbeinfarben, im Innern weinrot. Die Windladen für die Pfeifen der beiden Pedaltürme sind in dunkler Holzfarbe gehalten. Ein festlicher Anblick. Durch die neue Farbgebung betont sich urplötzlich das Brustwerk, das man bislang kaum als Blickfang wahrgenommen hatte. Und da auch das Emporengewölbe einer Verjüngungskur unterzogen wurde, ist das Ganze jetzt ein richtiger Hingucker geworden. Und ein Hinhörer. An der Disposition habe sich nichts geändert, versichert der einstige „Geburtshelfer“ Friedrich Meinel: bei der Renovierung seien nur die Pfeifen vom Staub befreit, die Mechanik überholt, anschließend die Intonation in „gewisser Weise verfeinert“ worden. „Alle Register sind noch da!“

Und die wählt der Organist mit jener künstlerischen Souveränität aus, die sein Orgelspiel seit jeher auszeichnet. Kaum sind die ersten Takte von Johann Sebastian Bachs Toccata d-Moll BWV 565 erklungen, wird es zur Gewissheit: am Klangideal des prächtigen Schuke-Instruments hat sich tatsächlich nichts verändert. Diesmal setzt der Organist weniger auf prägnante Soloregister als auf die Überredungskraft des Plenums. Bachs in barocker Pracht strahlend und glanzvoll gespieltem, straff artikuliertem Toccata-Teil folgt später dessen G-Dur-Fantasie BWV 572: zunächst von perlender Fröhlichkeit wie für eine Flötenuhr erfüllt, dann im vollen Werk majestätisch rauschend. Und immer mit der erforderlichen Klarheit. Im Kontrast dazu Stücke aus der „Suite du deuxième ton“ von Louis-Nicolas Clérambault (1676-1749), die sich in silbrig schimmernden Mixturen virtuos und klangprächtig vorführen. Wie in „Basse de trompette“, wo sich zur Diskantstimme das blankgeputzte Trompetenregister gesellt. Lieblich und zart erklingen „Flûtes“, klar und prinzipalscharf die „Caprice“. Letztere vermittelt ein Vorgefühl auf Ausschnitte aus der „Pfingstmesse“ von Olivier Messiaen (1908-1992). In pointillistischer Machart, gläsern und celestaartig wetteifern „Die Vögel und die Quellen“. Mit religiöser Intensität und meteorologischer Vehemenz braust „Der Sturmwind des Geistes“ vorüber. Wer bewältigt gegenwärtig die geistigen Dimensionen des Messiaenschen uvres so ausgeprägt wie Friedrich Meinel?!

Nicht weniger ausdrucksstark erklingt die f-Moll-Sonate op. 65,1 von Felix Mendelssohn-Bartholdy: ungestüm im Zugriff, ohne altersweise Abgeklärtheit. Abrupt wechselt die Schärfe der Prinzipale mit der Lieblichkeit von Zungenstimmen. Als Beifallszugabe gibt es eine Orgelbesichtigung.Peter Buske

Peter Buske

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