Kultur: Königlich
Eine furioses Konzert im Kammermusiksaal
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Zuerst ist da diese Präsenz. Eine klangliche Wucht, die förmlich überrascht. Zwei Gamben, die sich vorstellen und mit jedem neuen Ton deutlich machen, dass sie hier die Herrschaft beanspruchen. Und fast scheint es, als habe das Cembalo, als drittes Instrument im Bunde, anfangs Schwierigkeiten sich gegen diesen machtvollen Auftritt durchzusetzen.
Donnerstagabend im fast ausverkauften Klein Glienicker Kammermusiksaal Havelschlösschen. „En vogue! Königliche Gamben im Duett“ ist der Abend überschrieben. Ein besonderer Abend, weil hier mit zwei reich verzierten Streifengamben, Kopien eines Instruments des bekannten Instrumentenbauers Joachim Tielke, entstanden um 1700, zwei äußerst selten zu hörende Instrumente aufeinander trafen. Besonders auch, weil mit dieser Streifengambe eine sehr persönliche Geschichte der Musikerin Heidi Gröger verbunden ist (PNN berichteten). Und weil mit dem Gambenvirtuosen Johannes Schenck ein Komponist im Mittelpunkt des Abends stand, dessen Geburtstag sich zum 350. Mal jährt und der in heutigen Konzerten sehr selten zu hören ist.
Dass dieser Schenck kein Schmeichler ist, wird schon in der eröffnenden „Ouverture“ deutlich. Ein Kraftpaket in G-Dur, das Christiane Gerhardt und Heidi Gröger auf ihren beiden Streifengamben zusammen mit der Cembalistin Sabine Erdmann mit einem gewissen Furor spielten. Und auch wenn in den beiden folgenden Sonaten Schencks eigenwilliges Virtuosenverständnis zum Ausdruck kommt, was das Hören seiner Musik nicht immer einfach macht, wird doch hier langsam der faszinierende Kosmos geöffnet, der in diesen Kompositionen verborgen liegt. Ihn offenzulegen, gelingt nur guten Musikern. Und als solche präsentierten sich Heidi Gröger, Christiane Gerhardt und Sabine Erdmann mit jedem neuen Stück immer mehr.
Die beiden königlichen Gamben – die eine ziert der Kopf einer Königin, die andere der eines Königs – in herrschaftlichen Dialogen, mal schmeichelnd, dann wieder streitend, mit typisch warm-sehnigem Ton und gelegentlich angenehmer Rauheit. Sabine Erdmann auf dem Cembalo mit akzentreichem und herrlich treibendem Spiel. Höhepunkt an einem an Höhepunkten nicht armen Konzertabend ihr Soloauftritt mit einem Preludium und einer Toccata von Jan Pieterszoon Sweelinck, mit dem sie zeigte, wie viel Farbe, Lust und Koketterie, Eleganz und Stolz mit einem Cembalo möglich sind. Ein tonperlender Klangrausch, dem die Sonata Nr. XV für Gamben und Cembalo folgte. Spätestens da war einem an diesem bemerkenswerten Abend klar, dass man den Herrn Johannes Schenck nicht mehr anders hören möchte. Dirk Becker
Dirk Becker
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