Kultur: Konstruktive Harmonie
Der Maler Stefan Bonhoff fertigt verblüffend zeitgemäße Skulpturen
Stand:
Meistens stechen die Skulpturen von Stefan Bonhoff spitz in den Raum. Ordentlich im Kunsthaus Potsdam arrangiert, treten die einzelnen Skulpturen in einen verhalten schwingenden Dialog. Einzelne Elemente erinnern an Trümmer eines Flugzeugabsturzes, sind aber sorgfältig zusammengenietet und bruchlos uniform lackiert. Wandobjekte zeigen ein wildes Wechselspiel aus geometrischen Formen, elliptischen Schwüngen und kreisrund durchbohrten Flächen.
Eigentlich ist Stefan Bonhoff kein Bildhauer, sondern ein Maler. So jedenfalls steht es in seiner Vita. Die gibt Auskunft darüber, dass der 1952 in Münster geborene Künstler an der Hochschule in Braunschweig Malerei studiert hat. Das ist den Skulpturen, die der Maler nun zeigt, allerdings nicht anzusehen. Sie wirken wie ein Dialog zwischen Postmoderne und Flugzeugbau und überzeugen auch als Arbeit eines Skulpteurs.
Bonhoff gelingt es, aus Einzelteilen dekonstruktivistischer Formenzersplitterung, die auseinanderstreben, dann doch noch ein ästhetisches Ganzes zu formen. Zusammengenietet aus Aluminiumteilen, geschraubt und geklebt aus Sperrholz, gebaut mit Lack und Kreide wirken die einzelnen Formen der Skulpturen sorgfältig austariert. Diesen Eindruck verstärkt der ehemalige Maler noch durch eine einfarbige Lackierung.
„Pin Ball“, „Planet“, „Circles“ lauten einige Titel der Figuren, die Bonhoff oft, aber bei Weitem nicht immer mit einem Namen versieht. Nicht selten verblüfft der Künstler mit einer erstaunlich treffenden Bildfindung für einen an sich sehr schwierigen abstrakten Begriff.
„Undercover“ ist der Titel einer Skulptur aus orangefarbenen und silbern schimmernden Aluminium- und Kupferelementen. Sie wirkt wie aus zwei verschiedenen Formen zusammengesetzt, die aber doch zu einer unlösbaren Einheit verschmolzen sind. Es scheint ein wenig, als verstecke sich unter dem hochgeklappten Mantelkragen des Undercover-Agenten ein unvermutetes geheimes Dasein. Diesen Verdacht verstärkt der Künstler noch durch die organisch anmutende orangefarbene Bemalung der Innenform und deren kreisförmige Elemente, die nach innen hin offen und durchlässig wirken.
Bei der Wandskulptur „Pin Ball II“ schwingen Bögen und Kreise. Es verschachteln sich aus Holz gesägte Ebenen, die durch ein umfassendes Rechteck in der Form gehalten werden. Kleine kreisrunde Löcher durchbohren die Skulptur an manchen Stellen, so als würde unmittelbar ein Pinball hindurch hüpfen.
Der Ausstellungtext informiert darüber, dass der Bildhauer nicht mit einem vorgefertigten Plan ans Werk gehe, sondern sich dem assoziativen Formwerdungsprozess des Zufalls überlässt. Einzelteile geben die Richtung vor, werden mit anderen vernietet, ergänzt oder wieder entfernt. Aus dem intuitiven Arbeitsprozess entsteht ein Ganzes, das trotz seiner rein abstrakten Formgebung auf seltsame Weise organisch wirkt.
Bonhoff unternimmt den gelungenen Versuch, dem Objekt jenseits von Bedeutungszusammenhängen ein Leben aus innerer Harmonie und Stimmigkeit einzuhauchen. Gerade das sorgfältige handwerkliche Moment seiner Objekte wirkt zeitgemäß, hatten doch zufällig arrangierte, aus billigem Material gefertigte Assemblagen in den vergangenen Jahren Ausstellungsräume invasiv erobert. Bonhoff verwendet zwar auch kostengünstiges Material, arbeitet dabei aber hochdifferenziert und mit sensiblem Gespür fürs Detail. Die Assoziation an Flugzeugteile ist allerdings wohl nicht ganz zufällig, denn der Vater Bonhoffs war im Flugzeugbau tätig.
Die Ausstellung ist noch bis zum 28.August, immer mittwochs 11–18 Uhr, donnerstags und freitags 15– 18Uhr, samstags und sonntags 12–18 Uhr, im Kunsthaus Potsdam im Ulanenweg 98 zu sehen
Richard Rabensaat
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