Kultur: Kontrastbetont und kraftvoll
Orgelsommer-Konzert mit Markus Stepanek
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Nicht nur Schlösser, sondern auch ein mehrteilig programmierter Klangbau sollte gut gegründet sein und auf festem Fundament ruhen. Zumal wenn die Königin der Instrumente mit im Spiel ist. Solcher Erkenntnis verschloss sich auch der Salzburger Orgelkönner Markus Stepanek bei seinem Orgelsommer-Auftritt am Mittwoch in der Erlöserkirche nicht. Zwischen mächtigen Eckpfeilern, zugeliefert von Johann Sebastian Bach und Max Reger, konnten sich durch seine Kunst des stilkundigen und kontrastierenden Registrierens dann kleine und kleinteilige Klangoffenbarungen sicher und empfindungsreich entfalten. Mit Bachs Präludium und Fuge a-Moll BWV 543 und deren strenger Architektur errichtete er den ersten Stützpfeiler seiner offenbarungsreichen Zusammenstellung. Kraftvoll und erhaben macht er sogleich deutlich, dass das Präludium als eine zünftige Toccata angelegt ist – mit voluminöser Pedalbasis und harmonisch sich verändernden, gleichsam mäandernden Diskantstimmen. Einheitlich registriert, klar im Klang, ernst und gravitätisch spielt er auch die Fuge.
Im Kontrast dazu steht die weich getönte Choralimprovisation „Liebster Jesu, wir sind hier“ aus der Sammlung des op. 65 vom Spätromantiker Sigfrid Karg-Elert (1877-1933). Ihr verleiht der Organist durch die Verwendung lieblicher Register wie das der menschlichen Stimme (Vox humana), Flöte und Oboe alle nur denkbare schwebende Kantabilität. Ähnlich leuchtend und schmachtend spielt er später das ebenfalls kurze Vorspiel „Wie schön leuchtet uns der Morgenstern“. Letzteres lässt die Düsternis der zuvor erklungenen Fugenfragmente von Mozart (KV 153, 154, 401) glatt vergessen. Deren kontrapunktischen Finessen erklingen auf der Schuke-Orgel der Erlöserkirche besonders überzeugend. Da sich das KV 401 stark am Bachschen Vorbild orientiert, lässt Markus Stepanek das Stück mit scharf tönenden Prinzipalstimmen majestätisch aufrauschen.
Im Rahmen seiner Kontrastdramaturgie hat der Organist Ausschnitte aus dem hörgefälligen Werk „Das Schöne und das Grausame der Natur“ seines anwesenden Landsmannes Maximilian Kreuz (geb. 1953) ins Programm genommen. Es entstand zum Albert-Schweitzer-Jahr 2012/2013 als Auftragswerk des Organisten Felix Friedrich, der in Altenburg die berühmte Trost-Orgel unter seinen Fittichen hat. Der Themenvorgabe entsprechend erwählte sich der Komponist, der bereits für Matthias Jacob sowie den Vocalkreis tonsetzerisch tätig war, des Humanisten Maxime „Ehrfurcht vor dem Leben“. Bittend, dennoch bestimmt erklingt der Choral „Herr, nicht schicke deine Rache“, fantasieanregend „Ungewisse Natur: 1. Tier“. Was sich dahinter verbergen mag? Vielleicht ein schlangengleiches, züngelndes Fabelwesen, das sich durchs Klanggebüsch windet? Was bei „Natur und Kultur: 2. Tier“ in hohen Registern wispert, könnte das ein umherschwirrender Bienenschwarm sein? Denkt man bei „Kultivierung: Moderato“ gar an ein Öko-Stück – mit zwiespältiger Aussage?
Zielgerichtet ist dagegen schließlich mit Regers Choralfantasie „Straf mich nicht in deinem Zorn“ der zweite Eckpfeiler per vollem Orgelwerk gerammt: drohende, chromatische Ballungen kontra sanftmütige Ergebenheit. Das abwechslungsreiche Registrieren sorgt für differenzierte Erhabenheit des gut gegründeten Klangbaus. Peter Buske
Peter Buske
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