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Kultur: Kontrastbetontes Musizieren

Benefizschubertiade der Brandenburgischen Sommerkonzerte im Nikolaisaal

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Seit Anbeginn unterstützen die Brandenburgischen Sommerkonzerte die landesweite Denkmalpflege mit erklecklichen Beträgen. Ob die Fensterrosette einer Neuruppiner Kirche oder der Beitrag zum Erhalt des Kloster Zinna: neben der Musik wissen die Klassiker auf Landpartie um den Zustand der Orte, in denen Hörerbauliches stattfindet. Nun sind sie erstmals in die Reihe der mithelfenden Denkmalnacherbauer getreten und unterstützten am Sonnabend mit einem Benefizkonzert im Nikolaisaal die Wiedererrichtung der Potsdamer Garnisonkirche. In seiner Begrüßung beschwört Altbischof Huber die Notwendigkeit der Rekonstruktion, indem er auf den Geist von Frieden und Versöhnung eingeht. Man möge doch nicht die Kirche wegen des berüchtigten Handschlags zwischen Alt-Preußen und dem NS-Regime in Haft nehmen. Für den Aufbau jenes „kulturellen Denkmals“, so der Kuratoriumsvorsitzende der Sommerkonzerte weiter, werden vom Konzerterlös über 4000 Euro zur Verfügung gestellt. Doch die Bürgerinitiative „Für ein Potsdam ohne Garnisonkirche“ bleibt auch nicht untätig, verteilt in einer Flugblattaktion den „Widerruf aus Potsdam“.

Franz Schuberts Noten sind’s schließlich, die zur Versöhnung beitragen wollen. Die Kammerakademie Potsdam unter Leitung ihres Chefdirigenten Antonello Manacorda beginnt ihre „Schubertiade für die Garnisonkirche“ mit der 5. Sinfonie B-Dur, eines mozartnahen, das Einfache und Natürliche lobpreisende Opus. Verhalten und klanglieblich spielen die Musiker den Beginn sehr graziös und fast idyllisch. Dann folgt abrupt die forsche Attacke an straffem Dirigentenzügel, die wiederum in gelöste Schlichtheit zurückfällt. Spannungsgeladen und akzentscharf, übergenau in der Phrasierung vollzieht sich die weitere Entwicklung. Kurzum: kontrastbetontes Musizieren zwischen Idylle und Leidenschaft. Ausladend ist die Körpersprache des Dirigenten, oftmals pantomimisch bis marionettenhaft. Präzise dagegen seine Zeichengebung, die von den Musikern einen extrem entschlackten Klang einfordert.

Ein schicksalsschwangeres stetes Auf und Ab der Stimmungen bestimmt auch die Lesart der h-Moll-Sinfonie „Unvollendete“. Geheimnisvolles Streicherweben, überdramatisierte Fortissimoausbrüche des Orchesters, grelle Klangballungen, dazwischen süßer Gesang von Bläsern (Klarinette, Oboe). Die Konflikte des Allegro moderato knallen auch im Andante-Satz unbarmherzig aufeinander, so dass mancher Hörer im nicht ausverkauften Auditorium zusammenzuckt. Diese einander ähnliche Wiedergabedramaturgie überrumpelt zunächst, wirkt durch ihre Absehbarkeit jedoch nicht mehr spannend. Eine Tendenz, die schon bei früheren Konzerten zu beobachten war.

Nicht absehbar daher die seelenerwärmende, klassisch schlichte, dynamisch ausgewogene, leichte und lockere Wiedergabe des zweiteiligen A-Dur-Rondos für Violine und Streicher, dessen Solopart Viviane Hagner zwischen virtuos und sehnsuchtsvollem Saitensingen spielt. Und zwar auf der Stradivari „Sasserno“ von 1717, deren leuchtender, sehr eleganter und blitzsauberer Ton eine Fülle von Zwischenfarben und klanglichen Nuancen möglich macht. Spannend ist der Übergang vom Adagio ins unbeschwerte, kapriziös dahertanzende Allegro giusto gestaltet. Für den Beifall bedankt sich die Geigerin mit der formstrengen, temperamentvoll gespielten Gigue aus Bachs d-Moll-Partita. Peter Buske

Peter Buske

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