Orgelsommer-Konzert mit Iris Rieg: Kontrastreiche, fantasievolle Registrierungen
Majestätisch aufrauschende, tröstliche und tänzerisch beschwingte Stücke zu einem spielerisch abwechslungsreichen und stilistisch reizvollen Programm zusammenzufügen, scheint der freischaffenden Kirchenmusikerin Iris Rieg aus Köln ein besonderes Anliegen zu sein. Für ihren Auftritt beim Orgelsommer am Mittwoch an der barockdisponierten Schuke- Orgel der Erlöserkirche hat sie davon auf die angenehmste Weise gekündet und den Farbenreichtum der Register fantasievoll ausgereizt.
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Majestätisch aufrauschende, tröstliche und tänzerisch beschwingte Stücke zu einem spielerisch abwechslungsreichen und stilistisch reizvollen Programm zusammenzufügen, scheint der freischaffenden Kirchenmusikerin Iris Rieg aus Köln ein besonderes Anliegen zu sein. Für ihren Auftritt beim Orgelsommer am Mittwoch an der barockdisponierten Schuke- Orgel der Erlöserkirche hat sie davon auf die angenehmste Weise gekündet und den Farbenreichtum der Register fantasievoll ausgereizt.
Für den Auftakt wählt sie Johann Sebastian Bachs virtuose Fantasie und Fuge g-Moll BWV 542. Dabei liebt sie den hellen Klang, zieht scharfe Prinzipalregister. Brillant bewältigt sie den Parcours, sorgt für besinnliche Ruhepunkte, um wieder zügig, dann gravitätisch voranzuschreiten. Sie spielt kontrastbetont und fehlerfrei. Ähnliches wiederholt sich bei drei Sätzen aus der „Calliope“-Suite des weitgehend vergessenen Johann Kaspar Ferdinand Fischer (um 1665-1746). Zeitgenossen rühmen ihn als einen der „besten Klavierkomponisten“ des Bach- Zeitalters. Unter dem Titel „Musicalischer Parnassus“ schrieb er neun Suiten für Tasteninstrumente, die Namen der neun Musen tragen, darunter den der Calliope (griechisch: die Schönstimmige), Muse der erzählenden Dichtung. Zu den ausgewählten traditionellen Tanzsätzen, Gigue und Bourrée, gesellt sich noch ein ungewöhnliches „Balet Anglois“. Es sind ansprechende Stücklein, die Iris Rieg im Kontrast von Trompetenstimme und Diskantmelodie, dann in einem Mix hoher Register raffiniert erklingen lässt.
Aus Norddeutschland tönt es dagegen spröder, gewichtiger und direkter, wie im majestätischen Praeludium mit Fuge in e-Moll von Nicolaus Bruhns (1665-1697), der als reisender Violin- und Orgelvirtuose tätig war. Mächtig braust die Pedalstimme, dann folgen pointierte Ruhepunkte, improvisatorische Einschübe. Das Ergebnis: Eine klangherbe Komposition mit mancherlei tänzerischen Wendungen. Die 43-jährige Organistin verhilft dem Werk zu eindringlicher Wirkung. Ihre anschließend erklingende Komposition Fantasie über „Aus tiefer Not“ erweist sich als ein verspieltes Stück im Ragtime-Rhythmus, das nicht ohne Grund der orchestral empfundenen A-Dur-Orgelsonate op. 65 Nr. 3 von Felix Mendelsohn-Bartholdy vorausgeht. Denn in ihrem ersten Satz zitiert der Schöpfer die Choralmelodie „Aus tiefer Not schrei ich nach dir“ im Pedal. Zwei Themen im Manual gesellen sich hinzu, entwickeln sich zu beschwörenden, flehentlichen, unruhevollen Wendungen. Die Lautstärke schwillt an, findet, nach einem krönenden Pedalsolo, an den Anfang zurück. Als Nachhall des Gehörten erklingt mit dem „Andante tranquillo“-Satz ein sehnsuchtsvolles Lied.
Von den fantasievollen Registrierungskünsten der Organistin künden auch Werke aus französischer Komponistenfeder. Leicht und zart erklingt das Impromptu aus den „Pièces de Fantaise“ op. 54 von Louis Vierne. Starker Einsatz des Tremulanten verhilft dem „Chant de paix“ von Jean Langlais zu wabernden Klängen, die wie Schäfchenwolken am blauen Klanghimmel vorüberschweben. Den wirkungsvollen Schluss- und Höhepunkt der Orgelstunde bildet der Choral Nr. 3 a-Moll von César Franck: zerklüftet, aufgeregt, dann singend tröstlich, unruhevoll, sich gewaltig steigernd. Peter Buske
Peter Buske
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