Kultur: Kontrovers

Kaum ein Schriftsteller hat zu Lebzeiten politisch so polarisiert wie Ernst Jünger: Derselbe Jahrgang wie Bertolt Brecht, wurde Jünger 1920 als Autor des Kriegsbuchs „In Stahlgewittern“ bekannt. Seitdem blieb er über beinahe acht Jahrzehnte im literarischen Leben präsent. Während der Zwischenkriegszeit ein erklärter Anti-Demokrat und Nationalist, geht Jünger im Dritten Reich auf Distanz zu den Nazis und schreibt mit „Auf den Marmorklippen“ (1939) ein Buch, das von den Zeitgenossen als Zeugnis des Widerstands gelesen wird. Anfang der sechziger Jahre irritiert Jünger die Öffentlichkeit, als er gemeinsam mit seinem Freund Albert Hofmann, dem Erfinder des LSD, Drogenexperimente an sich vornimmt und darüber schreibt.

Die eigenartige Mischung aus aristokratischen und anarchistischen Haltungen, die Jünger mit dem mikroskopischen Blick des Naturwissenschaftlers verbunden hat, übte seit den neunziger Jahren auch Anziehung auf Schriftsteller wie Rolf Hochhuth und Heiner Müller aus. Sie gehörten zu den häufigen Besuchern des Schriftstellers in Wilflingen. Zuletzt sorgte in Deutschland die Entscheidung für Kontroversen, die Schriften Jüngers in den französischen Gral der Literatur aufzunehmen, in die Pléiade, eine Ehre, die bisher von den Generationsgenossen Jüngers nur Kafka und Brecht zuteil wurde.

Heimo Schwilk hat die Spuren der ästhetischen und politischen Radikalität im Jahrhundertleben Jüngers nachgezeichnet. Seit den achtziger Jahren mit dem Schriftsteller bekannt, konnte er nicht nur auf den umfangreichen Nachlaß, sondern auch auf zahlreiche Gespräche mit dem Autor selbst zurückgreifen.

Schwilk stellt seine Jünger-Biographie am Sonntag, um 11 Uhr, in der Villa Quandt vor. Es moderiert Alexander Gauland.Peter Walther

Der Autor ist Mitarbeiter des Brandenburgischen Literaturbüros.

Peter Walther