Kultur: Konzentriert
Gary Cooper auf dem Hammerflügel
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Mit einem Tasten beginnt Gary Cooper. Fast übervorsichtig legt er am Sonntagnachmittag die ersten Töne in die drückende Luft im Schlosstheater am Neuen Palais. Mit Joseph Haydns Klaviersonate Es-Dur eröffnet Cooper sein Solokonzert „The London Piano School“ auf dem Hammerflügel. Gefühlvolle Einstimmung mit gelegentlichen Affekten, wenn Cooper die Töne überraschend springen lässt, diese sofort mit leichtestem Pedaldruck dämpfend und so den ohnehin weniger voluminösen Klang des Hammerklaviers noch mehr reduzierend und eine Spannung erzeugt, die auch mit den Hörgewohnheiten und -erwartungen im Publikum spielt. Das Adagio wird zum harmonischen Schlagabtausch zwischen Pianist und Notentext, so als ob Cooper von den Volten in Haydns durchkonstruierten Sonate erst beim Spiel überrascht werde. Das Finale perlt förmlich in den Saal, luftig-leicht in den Läufen, verspielt in den Verzierungen scheint es fast so, als ob die Musik zu atmen anhebt.
Den Engländer Gary Cooper im Konzert zu erleben, bedeutet Hörgenuss unter höchsten Konzentrationsanforderungen. Der Cembalist und Pianist, der zahlreiche Konzerte und Opern dirigiert, so auch die Opernproduktion „The Dragon of Wantley“ bei den derzeitigen Musikfestspielen, ist ein Perfektionist im Detail. Cooper zwingt zum genauen Hinhören mit seinem akzentuierten, äußerst wandlungsfähigem Spiel und lässt so bei diesem Konzert nur selten ein gedankenverlorenes Hinabsinken in Verzierungen zu. Das große Ganze lebt im Detail, scheint Cooper sagen zu wollen, wenn er manche Töne fast schon plastisch zu formen versteht und ihrem feinen Nachhall nachlauscht.
Mit seinem Programm „The London Piano School“ zeigt Cooper eine Bandbreite europäischer Komponisten, die sich von der englischen Metropole und den Entwicklungen des Hammerklaviers inspirieren ließen, bei dem im Gegensatz zum Cembalo die Saiten nicht gezupft, sondern mit kleinen Hämmern angeschlagen werden.
Johann Christian Bachs Grave aus der Sonata in C-Dur forsch, fast marschartig, die Fuga dann romantisierend. George Frederick Pintos Rondo in Es-Dur lässt Cooper zu einem Husarenritt mit glücklichem Ende werden, Muzio Clementis Klaviersonate in h-Moll gerät ihm zur expressionistischen Landschaftsmalerei. Gelegentlich fast sachlich sein Spiel bei zwei Nocturnes von John Field, setzt er mit Carl Maria von Webers Klaviersonate in C-Dur einen farbigen und ausgelassenen Schlusspunkt. Doch gehen durfte Gary Cooper erst nach einer Zugabe: Eine weitere Nocturne von Field. Dirk Becker
Dirk Becker
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