Von Almut Andreae: Konzerne kaufen Kunst
HypoVereinsbank sammelte 20 000 Objekte
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Dass sich Unternehmen und Banken gerne mit Kunst schmücken, hat seit Jahrzehnten Tradition. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde von einigen deutschen Banken sukzessive Kunst angekauft. Seither veredelt die Ausstattung von Bankfilialen mit Kunst das eigene Kerngeschäft. Im Laufe der Zeit entstanden aus den Ankäufen respektable Sammlungen. Über das Ausmaß der Kunstschätze, die auf diese Weise in den Bestand von Banken und Unternehmen eingingen, ist in der Öffentlichkeit nur wenig bekannt. Ein Vortragsabend zum Thema „Die Kunst des Kunstsammelns“ am Freitagabend in der Galerie Ruhnke sorgte für mehr Transparenz. Bärbel Kopplin, Leiterin der Sammlung HypoVereinsbank München (HVB), stellte Geschichte und Konzept der Kunstsammlung vor, die nach rund 50 Jahren mehr als 20 000 Objekte umfasst. Damit ist sie zu den bedeutendsten europäischen Unternehmenssammlungen zu rechnen.
Was mit der Ausstattung der eigenen Geschäftsräume begann, ist längst mit der Corporate Identity der HVB verschmolzen. Anders als im musealen Kontext dient das Sammeln von Kunst durch Konzerne vornehmlich der Imagepflege und Repräsentation. All diese Dinge werden in dem großen Bereich der Unternehmenskommunikation gebündelt, die sich nach innen oder auch nach außen richtet. Allein schon aus diesem Grunde ist die Sammlung zu einem Großteil ständig unterwegs. Bis fünfzehn Mal im Jahr werden Kunstwerke aus den eigenen Beständen in nationale und internationale Ausstellungen ausgeliehen. 100 Werke von musealem Rang hat die HVB renommierten Ausstellungshäusern als Dauerleihgabe zur Verfügung gestellt. Die große Masse der Gemälde, Skulpturen, Photos, Papierarbeiten und Videos verteilt sich auf etwa 600 Bankfilialen. 2000 bis 5000 Mal im Jahr tauschen Objekte der Sammlung ihren Platz. Kunst, die kompliziert im Handling oder auf Dauer schwer konservierbar ist, hat kaum Chancen, in die Sammlung integriert zu werden. Dafür investiert die HVB im Einzelfalle durchaus auch in Kunst im öffentlichen Raum.
Während in den Anfängen auch ältere Kunst erworben wurde, die bis in die Kultur der alten Ägypter zurückreicht, liegt der Schwerpunkt der Ankäufe längst auf der jungen Kunst. Neuzugänge in die Sammlung dürfen nicht älter als zehn Jahre alt sein. Ein weiteres Kriterium für die Kaufentscheidung ist das Potential einer Arbeit, neue Sichtweisen auf Fragen unserer Zeit zu liefern. Hoch im Kurs stehen auch solche Künstler, die allein schon deswegen innovativ sind, weil sie für sich eine neue Arbeitsform gefunden haben, etwa indem sie ihr Atelier kurzerhand ins Auto verlegen.
Der Erwerb von zeitnah entstandener Kunst bestimmt das Sammlungskonzept. Kommt man den mitunter sprunghaft ansteigenden Preisen zuvor, die Kunst am Markt erzielt, erweist sich die Investition in junge Kunst rückwirkend als profitable Wertanlage. Im umgekehrten Falle sorgen gezielte Rückverkäufe der Bank dafür, dass das Kunst-Gärtlein durch den Verzicht auf Überflüssiges oder doppelt Vorhandenes nicht aus der Fasson gerät. „Ich sehe mich da so ein bisschen wie ein Gärtner“, beschreibt Bärbel Kopplin ihre langjährige Arbeit. In weiser Voraussicht hat sie trotz ständiger Fluktuation innerhalb der Sammlung die Werkgruppe der Druckgraphik von Georg Baselitz seit einer Weile zusammen gehalten. Im Endeffekt sind 25 Blätter, entstanden zwischen Mitte der sechziger und Anfang der neunziger Jahre, vor vier Wochen aus dem Baselitz-Konvolut der Sammlung nach Potsdam gereist. Die Münchener Stippvisite in der Galerie Ruhnke endet am Sonntag.
Almut Andreae
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