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Kultur: Köstlichkeiten für die Sinne

Zum 60-jährigen Jubiläum entführen die Musikfestspiele Potsdam Sanssouci ans Mittelmeer

Stand:

„Kennst du das Land, wo die Zitronen blüh‘n, im dunklen Laub die Goldorangen glühen, ein sanfter Wind vom blauen Himmel weht, die Myrte still und hoch der Lorbeer steht?“ Goethes Mignon kennt den Ort. Dahin will sie mit ihrem Geliebten zieh‘n. Ein langer Weg steht ihnen bevor. Doch warum in die Ferne schweifen, wenn das Ersehnte gleichsam vor der Haustür liegt? Die Römischen Bäder, der Sizilianische Garten, das Marmorpalais, das byzantinische Mosaik in der Friedenskirche, die Villa Schöningen, das Casino Schloss Glienicke – sie alle künden von Preußens Traum nach dem sonnigen Süden. Ein kluger Mann hat einmal geschrieben: „Solange es Schlösser gibt, solange gibt es das Paradies auf Erden.“ Er kann dabei nur Potsdam gemeint haben! An all diesen und noch mehr mediterranen Orten der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg kann man vom 13. bis 29. Juni mithilfe der Musikfestspiele Potsdam Sanssouci den Sound des Mittelmeeres, seiner Inseln und Küstenstädte erfahren, ersehen, erhören, erriechen und erschmecken.

Kurzum: Alle Sinne sind in das regionale Gesamtkunstwerk mit überregionaler Ausstrahlung eingebunden. Und das, aus mehr oder weniger delikaten Zutaten angerichtet, bereits seit 60 Jahren. Damals hieß das kulturelle Ereignis noch Parkfestspiele Potsdam, zu denen es seit dem Sommer 1954 Jahr für Jahr Kulturinteressierte zu den sinnenfreudigen Offerten zog. Mittlerweile ist das Musikangebot weit kulinarischer und internationaler als früher geworden. Doch das Engagement der Macher, ihre Entdeckerfreude für alte und neue Klänge, für überraschende Darbietungsformen ist geblieben. Kontinuität als Markenzeichen. Das Jubiläumsfestival nun scheut weder Kosten – 950 000 Euro, an denen sich das Kulturministerium mit 250 000 Euro Fördermitteln beteiligt – noch Mühe, in über 60 Konzerten und Opernaufführungen „die Sibyllen und Sirenen gemeinsam singen zu lassen: über das Meer als Wiege der Kulturen, von den Antiken bis zum Arabischen Frühling, von Tarantellen bis Rembetiko“, wie Musikfestspielchefin Andrea Palent in der Programmbroschüre schreibt.

Am gestrigen Donnerstag wurde das Vorhaben in der Brandenburgischen Landesvertretung beim Bund in Berlin vorgestellt. Dazu Andrea Palent erläuternd: „Dabei verwandelt sich das Orangerieschloss Sanssouci zur Opernkulisse für die ‚Rache der Stellidaura‘, eine neapolitanische Oper von Francesco Provenzale, und die Potsdamer Freundschaftsinsel in ein wahrhaftiges Kythera, genauso wie Watteau es gemalt hat.“ Im Orangerieschloss findet auch die zweite Musiktheaterpremiere statt, die sich „Der goldene Apfel“ nennt und als Opern-Orangeade für alle Sinne entpuppen wird. Man tafelt wie die Aristokraten und genießt ein Menü, in dem die goldenen Äpfel, auch Orange oder Paradiesapfel geheißen, genauso eine Rolle spielen werden wie Ausschnitte aus der gleichnamigen Oper von Antonio Cesti.

Wer kennt die Völker, zählt die Namen, die gastlich hier zusammenkommen werden? Auf jeden Fall jene Broschüre, deren Inhalt sich wie eine verheißungsvolle Klangmenükarte mit arrivierten und jungen Künstler-Jahrgängen liest. Vier Schwerpunkte habe man dabei gesetzt, erläuterte Jelle Dierickx, verantwortlich für Dramaturgie und künstlerische Koordination, die Zusammenstellung der Köstlichkeiten für die Sinne. Für „Verbindung, Dialog“ stehen das Eröffnungs- und Abschlusskonzert, die Auftritte hochkarätiger Gäste wie Christina Pluhar und ihr Ensemble L’Arpeggiata, Jordi Savall mit einem Zypernprogramm, das junge Ensemble Barrocade aus Israel oder die französische Barocktruppe Les Paladins mit dem Prom-Concert „O sole mio“. Einen besonderen Programmakzent setzt das Projekt „24 Stunden Antike“ mit Veranstaltungen rund um die Uhr: Sonnenaufgang am Marmorpalais, eine Nacht in der Bildergalerie Sanssouci, das Götterfest für Kinder oder die Fête Méditerranée mit Jazz und Weltmusik zur Mittsommernacht, kurzum: 24 Konzerte in 24 Stunden. Weiterer Themenschwerpunkt und mit vier Konzerten dabei: König Friedrich Wilhelms II. Haus- und Hofkomponist Luigi Boccherini, der eine klingende Verbindung zwischen Lucca, Mailand und Potsdam schafft. Schließlich gibt es bei einem Picknickkonzert auf der Freundschaftsinsel die Möglichkeit zu einem imaginären Inselhopping mit sardischer, maltesischer oder inselgriechischer Musik. Weitere Highlights: das bereits traditionelle Fahrradkonzert als „Mittelmeerreise“ immer am Wasser entlang, das Openair an der Maulbeerallee. Ab sofort gibt es Karten.

Weitere Informationen unter www.musikfestspiele-potsdam.de

Peter Buske

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