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Kultur: Krachig, melodiös, astrein

Das Konzert hätte schon längst beginnen sollen. Doch noch immer steht Sänger Makarios von Die Art mit seinen Bandkollegen im Saal des Waschhauses und unterhält sich gut gelaunt mit den noch wenigen Besuchern.

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Das Konzert hätte schon längst beginnen sollen. Doch noch immer steht Sänger Makarios von Die Art mit seinen Bandkollegen im Saal des Waschhauses und unterhält sich gut gelaunt mit den noch wenigen Besuchern. Familienfeieratmosphäre. Bis jetzt sind gerade einmal gut fünfzehn Gäste gekommen. Sollten etwa doch Schnee und Kälte an diesem Wochenende den Abend zu einem Konzert vor nur einer Handvoll Begeisterter werden lassen?

Doch Makarios und seine Mitstreiter können sich auf ihre Fans verlassen. Als die Band dann endlich auf der Bühne steht, blickt sie in einen Saal, der sich mittlerweile fast randvoll ist und sogleich von kraftvollen Klängen beschallt wird. Dass die vier Leipziger, die mit ihrem aktuellen Best Of Albums „Für Immer Und Ewig Vol.1“ durch das Land reisen, ausgesprochen gute Live-Musiker sind, ist von Anfang an klar. Doch dabei verwundert das saubere musikalische Zusammenspiel weniger als die geradezu jugendliche Frische und Energie, mit welcher die Band ihre Musik, auch nach 26 Jahren noch, so locker zu entfalten versteht. Entsprechend schnell kommt in die vorderen Reihen vor der Bühne auch wilde Bewegung, die sich nach hinten jedoch in nur noch vereinzeltes, artiges Kopfnicken verliert. Dabei ist diese Mischung aus Indie-Rock, grimmig tanzbarem Punk und recht poppigem Dark Wave, durchweg so wuchtig und antreibend, dass die bisweilen eingestreuten Balladen für sich fast wie Verschnaufpausen wirken.

Dominieren anfangs noch die neu aufpolierten deutschsprachigen Hits vom aktuellen Best Of Album, macht die Band doch auch erfreulich häufige Abstecher zu ihren Vorgängeralben wie „Funeral Entertainment“. Aber erst als sie in ihrer musikalischen Bandgeschichte noch weiter zurückgehen und die offensiv krachigen, melodiösen und astreinen Punk-Klassiker „Herr Litz“ und „Sie sagte“ unter das schon wilde Tanzvolk mischen, wirkt das wie Peitschenhiebe. Der feiernde Mob vor der Bühne ist kaum noch zu bremsen und hat trotz aller entfesselten und hemmungslosen Hingabe genug Luft in den Kehlen, um den eingängigen Refrain des Die Art-Hits „Das Schiff“ mitzugrölen. Derartige Begeisterungsexzesse gefallen auch der Band; das sieht man. Nur dem Gitarristen Thomas Gumprecht merkt man es nicht an. Doch ist er es, der stoisch dreinblickend mit seinem vielschichtigen Soundgewitter und im Zusammenspiel mit dem klaren und lauten, oft melancholisch düsteren Gesang von Sänger Makarios, der, wie üblich, im dunklen Jackett doch diesmal ohne Zigarette, beschwingt am Mikro tänzelt, für die musikalischen Höhepunkte sorgt. Eine Party mit Die Art, wie man sie sich nicht ausgelassener wünschen kann. Nach der etwa zweistündigen, gnadenlosen Punkrock-Attacke, inklusive mehrerer Zugaben, verabschieden sich die vier Musiker mit glücklichen Gesichtern. Und auch das wildgewordene Fanvolk vor der Bühne kommt langsam wieder zur Ruhe. Daniel Flügel

Daniel Flügel

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