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Kultur: Kreativer Knall

Jetzt im Alleingang: Der Holländer Menno Veldhuis hat in der Charlottenstraße ein Atelier bezogen

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In seinem Atelier muss es vor kurzem eine Detonation gegeben haben. Man erreicht den neuen Arbeitsraum von Menno Veldhuis über einen Hof in der Charlottenstraße. Durch eine Hintertür geht es in einen langen Gang wieder zurück ins Vorderhaus. Kacheln an Boden und Wänden. Dies war ein Duschraum. Nun bilden volle und ausgedrückte Öltuben auf dem Boden einen Teppich. Durch das Fenster weht der noch kalte Frühling. Wie groß muss der Wille eines Künstlers sein, im Winter unter diesen Verhältnissen zu arbeiten?

Der gebürtige Niederländer Menno Veldhuis wurde von einer Schaffenskraft jeden Tag in diese unwirtliche Kulisse getrieben, die explodieren kann. Das sieht man an dem kreativen Chaos rings herum, das merkt man, wenn er spricht. Sprudelnd, voller Begeisterung für die Kunst, für die Vorbilder und für seine Idee. Veldhuis könnte Opfer einer Manie sein, so wie er sich hineinkniet in seine rastlosen Gedanken. Er strahlt das aus, neben einer großen Portion Freundlichkeit und Lachen. Sicher der lustigste und netteste Holländer in der Stadt, wie er von der Kälte in seinem Atelier stündlich auf die Straßen herausgetrieben wird, um sich bei einem Tee in einem Café aufzuwärmen.

Von Beckmann erzählt er, von Magritte und Philip Guston, dem er sich besonders nahe fühlt. „Meine Helden“, nennt er sie. Dann springt er über zu van Goghs Tagebüchern. Aus denen zitiert er eine Passage von einem Klinikaufenthalt des verirrten Meisters. Er habe dort, in der Irrenanstalt, so viele Ideen, hatte van Gogh notiert. Gemeint waren jedoch nicht Bilder des Krankenhausalltags, sondern die wirren Fantasien, die das Genie in sich trug. Das unerschöpfliche, fantastische, raumlose und überbordende Reich der eigenen Vorstellungswelt.

Menno Veldhuis hat nach seinem Kunststudium in Arnheim auch erst die Welt um sich herum abgebildet. Das tat er noch, als er im August 2004 nach Potsdam kam. Er malte mit Ölkreiden Ansichten aus dem Park Sanssouci. Mit schnellem und souveränem Strich. Diese Arbeiten stellte er im Café Lapis Lazuli aus.

Aber Veldhuis wollte sich endlich zu seinen eigenen Bildern wagen. Er dachte lange nach, drei Monate, während derer er seine Skizzenbücher füllte.JDann hatte er sich entschieden. Der 31-Jährige ließ zunächst zwei Konzepte aufeinander prallen. Das des Comic-Helden Spiderman auf die Formensprache Paul Klees. Diese Bilder, die er in einer Ausstellung im Künstler- und Gründerzentrum in der Seestraße zeigte, wo er zunächst arbeitete, waren witzig und ein wenig respektlos. Und ein Anfang.

Als das Gründerzentrum in die Puschkinallee zog, wollte Velhuis nicht mitgehen. Er war schon zu sehr abgetaucht in seine Aufgabe und seine Vision. In diesem Zustand brauchte er keine Kollegen, kein Netzwerk und keine Gespräche. Sondern nur einen großen Raum, egal wo, Leinwand und laute Musik.

Während des Besuchs holt der junge Holländer mit der hellen Schiebermütze ohne Unterlass Bilder hervor. Hier, sagt er, da habe ich Engel gemalt, wie es Paul Klee gemacht haben könnte. Bunte Pantoffeltierchen mit weißen Extremitäten auf kleinen Holztafeln.

Nun endlich traut sich Menno Veldhuis also an große Formate. Für Veldhuis ist es eine Herausforderung, eine große Leinwand mit Ölfarbe zu füllen. Das ist neu für ihn. Die Formate wachsen von groß mittlerweile auf riesig. Ein massiver Holzrahmen steht überlebensgroß an der Wand. Die Leinwand muss noch befestigt werden. „Ich male jetzt Clownsbilder“, erzählt er. Fünf habe er schon, bis zur Ausstellung in der Puschkinallee am 25. Juni werden es zwölf sein. Das mit den Clowns solle man bloß nicht falsch verstehen, sagt Veldhuis. Er hasse Clowns, sie dienen ihm lediglich dazu, den Menschen mit seinen gesellschaftlichen Masken zu zeigen. Und so die Unendlichkeit der möglichen Formen auf wenige zu reduzieren. Das ist immer noch mehr als genug. Max Beckmanns Figuren sahen auch immer aus wie Puppen, meint Veldhuis.

Bei ihm ist der Clownskopf eine starre Büste ohne Fröhlichkeit, eine Allegorie, wie eine Schachfigur. Gar nicht lustig, eher grotesk. Von Bild zu Bild sieht man, wie Veldhuis schuftet, sich immer mehr zutraut. Er schreibe sich jetzt auf, wie lange er an einem Gemälde arbeite. Sechzig Stunden wäre das Längste gewesen. Die Ideen von Menno Velduis werden eigenständiger und mutiger. Bald werden sie den ganzen Raum angenommen haben, den er ihnen auf der Leinwand geboten hat. Dann werden sie wieder explodiert sein.

Matthias Hassenpflug

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