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Kultur: „Kultur ist in der Vielfalt spannend“

Siegfried Dittler, zukünftiger Geschäftsführer im Waschhaus, über neue Herausforderungen

Stand:

Herr Dittler, welchen Eindruck macht das Waschhaus hier in der Schiffbauergasse auf Sie?

Wenn ich mir hier das Gelände anschaue und die Möglichkeiten, die sich bieten, macht das einen sehr guten Eindruck. Es gibt im Waschhaus eine sehr gute Infrastruktur durch mehrere Säle. Und dazu die inhaltlichen Möglichkeiten durch Konzerte plus bildende Kunst plus Tanz. Für mich als Kulturarbeiter ist das eine gute Ausgangsbasis, denn so bin ich nicht eindimensional auf etwas festgelegt.

Ab 1. Oktober übernehmen Sie die Geschäftsführung im Waschhaus. Können Sie schon jetzt etwas über die zukünftige inhaltliche Ausrichtung des Waschhauses sagen, das ja unter der derzeitigen Geschäftsführung verstärkt in eine Eindimensionalität abgleitet?

Ich habe in Freiburg das soziokulturelle Zentrum E-Werk geleitet und mich dort schwerpunktmäßig um die Musik und das Jazzfestival, aber auch um das Festival für zeitgenössischen Tanz gekümmert. In Mannheim, wo ich derzeit die Alte Feuerwache leite, ist es neben der Musik auch das Literaturfestival „lesen.hören“. Das gibt vielleicht einen guten Einblick in meine bisherige inhaltliche Arbeit. An beiden Häusern hatte ich neben der Geschäftsführung auch die künstlerische Leitung inne. So soll das auch in Potsdam sein. Aber ich denke nicht in Genregrenzen, für mich ist Kultur in der Mischung, in der Vielfalt spannend. Daran will ich auch in Potsdam anknüpfen und finde dafür hier sehr gute Möglichkeiten.

Sie waren Leiter des Jazzfestivals in Freiburg und sind in Mannheim Mitveranstalter des dortigen Jazzfestivals. Da wird man hier in Potsdam gleich hellhörig, denn der Jazz fristet in dieser Stadt doch ein recht stiefmütterliches Dasein. Also ein Projekt, das Sie sich auch in Potsdam vorstellen könnten? Gibt es vielleicht sogar schon konkrete Ideen?

Konkrete Ideen habe ich noch keine. Und ich finde es auch falsch, drei Monate vor meinem offiziellen Beginn irgendwelche Ideen zu veröffentlichen. Ich muss mich erst mit der Stadt beschäftigen, mit den Kulturakteuren hier vor Ort reden. Klar ist natürlich auch, dass sowohl der Jazz als auch die Literatur zwei Bereiche sind, die mich sehr interessieren und die ich inhaltlich als sehr gewinnbringend sehe.

Und wann werden Sie erste Ideen vorstellen können?

Also, konkrete Veranstaltungen muss und möchte ich spätestens Anfang 2013 vorstellen. Und wenn sich schon jetzt ergeben sollte, dass bestimmte Formate in den Veranstaltungsplan passen, stehe ich schon jetzt mit dem Waschhaus im Kontakt, um da möglicherweise schon früher etwas umsetzen zu können. Aber wichtig ist für mich zuerst, mir ein Bild zu machen und vor allem auch die finanzielle Situation zu beleuchten.

Aber Sie werden doch bestimmt schon jetzt etwas über die finanzielle Situation im Waschhaus sagen können?

Die finanzielle Situation ist solide.

Sehen Sie Verhandlungsbedarf?

Das können Sie ja im Grunde jeden Kulturmacher fragen. Da wird Ihnen jeder sagen, dass er mehr Mittel benötigt. Für mich sind jetzt aber erst einmal die Inhalte wichtig und nicht Forderungen nach mehr Geld. Also die Frage, was ich hier zur Kulturstadt Potsdam beitragen kann.

Das Waschhaus existiert mittlerweile seit 20 Jahren. Welche Rolle spielt die Geschichte dieses Veranstaltungshauses für ihre inhaltliche Ausrichtung?

Zum einen ist mir diese Entstehungsgeschichte aus einer Hausbesetzung heraus nicht fremd. Denn das finden wir an sehr vielen Kulturstandorten und auch dort, wo ich gearbeitet habe. Darum kann ich einer solchen Geschichte nachspüren. Denn wir alle stehen auch in der Verantwortung vor einer solchen Geschichte in diesen Häusern. Aber trotzdem: Ich schaue in erster Linie nach vorn. Dabei beschäftigt mich sehr stark die Frage, welche Identität ein solches Haus haben kann. Und da bin ich hier in Potsdam noch ganz am Anfang meiner Suche.

Warum Potsdam? Und warum ausgerechnet das Waschhaus?

Gute Frage. Ich habe eine tolle Aufgabe in Mannheim, bin jetzt 50 Jahre alt und habe einfach Lust, mich noch einmal zu bewegen, etwas anderes zu machen. Und ich begebe mich gern auf neue Wege.

Da begeben Sie sich hier mit der Geschäftsführung im Waschhaus auf einen sehr steinigen Weg. Seit mehr als einem Jahr steht der derzeitige Geschäftsführer Wilfried Peinke wegen seiner inhaltlichen und Personalpolitik heftig in der Kritik. Nicht wenige haben das Waschhaus als Kulturstandort längst abgeschrieben. Sie kennen diese Kritik?

Ja, die kenne ich.

Und das hat Sie nicht abgeschreckt?

Nein, im Gegenteil. Ich bin hier ein neuer Akteur, für den man sich entschieden hat. Und das zeigt mir, dass es ja ein Interesse an diesem Haus und an der Kulturarbeit hier gibt. Das macht mich dann eher neugierig und lässt mich fragen, was ich dazu beitragen kann.

Wenn Sie im Oktober die Geschäftsführung übernehmen, wird Ihr Vorgänger Peinke als Gesellschafter weiterhin über die Geschicke im Waschhaus mitentscheiden können. Sind Ihnen solche personellen Konstellationen, ja Verquickungen aus Ihrer früheren Arbeit bekannt?

Das kann ich Ihnen so nicht beantworten. Es gibt ja die unterschiedlichen Formen von Gesellschaften. Die Alte Feuerwache in Mannheim ist zu 100 Prozent eine Tochter der Stadt. In Freiburg wiederum war es ein Verein, den ich geleitet habe. Und da gab es Akteure, die schon früher in der Entstehung dabei waren und später im Aufsichtsrat saßen. Das empfinde ich jetzt nicht als einen Sonderfall.

Und Sie glauben, Sie werden unter dieser Personalkonstellation die eigenen Ideen auch erfolgreich umsetzen können?

Da habe ich ein sehr gutes Gefühl.

Das Gespräch führte Dirk Becker

Siegfried Dittler, geb. 1962 in Ebene Reichenau/Österreich, hat Kulturmanagement und Verwaltungswirtschaft studiert. Ab 1. Oktober übernimmt er die Geschäftsführung im Waschhaus.

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