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Interview mit dem Kabarettisten Michael Frowin: „Kultur ist kein Luxus“
Michael Frowin über hohe Liedkunst und Kabarett zusammen mit Thomas Quasthoff.
Stand:
Herr Frowin, „Keine Kunst“ heißt Ihr Programm, mit dem Sie und Thomas Quasthoff seit vergangenem Herbst touren. Was ist es denn dann, was Sie beide da machen?
Na, wenn ein Vertreter der Hochkultur, der Thomas Quasthoff ja nun einmal ist, auf einen Kabarettisten wie mich stößt, kann dabei ja nur keine Kunst herauskommen. Nein, im Ernst, der Titel ist natürlich vor allem eine Spielerei, die dem Publikum Spaß machen soll. Und das verhandeln wir unter anderem auch auf der Bühne: diese vermeintliche Diskrepanz zwischen Hochkultur und Kleinkunst. Thomas kennt die Konzertsäle von Tokio bis New York, ich die Brettlbühnen von Zwiesel bis Bitterfeld.
Worum geht es denn inhaltlich in Ihrem Programm – sie machen mit Thomas Quasthoff doch kein politisches Kabarett?
Stellt sich die Frage, wie man politisch definiert. Uns geht es um einen allgemeinpolitischen, gesellschaftlichen Ansatz – weil für uns beide Kultur ein notwendiges Lebensmittel und kein Luxusgut ist. Sie sollte viel stärker im Alltag vorkommen. Wir sind beide keine Künstler, die nur ein Genre pflegen – ich schreibe auch Opern, Thomas hat eine große Affinität zum Kabarett. Und: Er ist granatenmäßig komisch!
Sie beide wollen die abendländische Kultur retten, so steht es in Ihrem Programm, mit dem Sie am Freitag in Potsdam zu erleben sind. Muss die denn überhaupt gerettet werden?
Wo haben Sie das denn gelesen? Wenn Sie eine Kulturrevolution erwarten, werden Sie uns grandios an uns selbst scheitern sehen. Im Ernst: Ich persönlich denke, wir müssten weg von dieser Fokussierung auf Subventionen, die ganze staatliche Förderung. Wobei schon das Wort „Subventionen“ falsch ist – kein Mensch würde ja behaupten, wir subventionieren jetzt ein Schwimmbad.
Noch mal zurück zum Programm: Worum geht es da konkret?
Natürlich schon um den Kunstbetrieb, um all die skurrilen Dinge. Foyergespräche, Galas, all die beflissenen Kenner, das Eindreschen aufs Privatfernsehen ... Uns beide langweilt das immer gleiche Politiker-Bashing. Wir beide beobachten und belauschen lieber die Menschen, die uns bei unserer Arbeit ohnehin begegnen. Und so haben wir etwa eine Nummer im Programm, die wir fast eins zu eins so in der Bundesbahn erlebt haben.
Haben Sie beide denn gemeinsame „Hassobjekte“, einen bestimmten Protagonisten oder einen speziellen Typus im Kunstbetrieb, der Ihnen besonders auf die Nerven geht?
Ich verweigere die Aussage und nenne keine Namen... Aber es gibt sie!
Mit Thomas Quasthoff machen Sie Kabarett in Liedform. Sind Sie beide musikalisch auf einer Wellenlänge? Wer schreibt die Lieder, wer die Texte?
Alle Songs sind neu entstanden, wir haben uns bewusst dagegen entschieden, auf Klassiker zurückzugreifen. Dieser speziellen Herausforderung wollten wir uns schon stellen. Die Musik stammt vor allem von Jochen Kilian, der uns bei den Shows ja auch am Klavier begleitet. Die Texte stammen von mir und einem kleinen Pool von Autoren.
Hatten Sie nie Angst, neben einem Weltstar wie Quasthoff zu singen?
Angst nicht, aber Respekt. Ich singe schon lange auf der Bühne, hab große Musicals gemacht – sonst hätte ich mir das auch nicht zugetraut. Aber Thomas ist in dieser Hinsicht auch total unkompliziert und weit entfernt von allen Starallüren.
Folgen Sie dann im fertigen Programm eigentlich strikt den eigenen Vorgaben, oder ist da auch Raum für Improvisation?
Das, was im Kabarett locker scheint, entspringt ja immer harter Arbeit, da muss man sehr genau sein, damit die Pointe sitzt. So etwas muss vorbereitet sein. Aber Thomas Quasthoff und ich sind beide Rampensäue, wir bekommen nicht das große Zittern, wenn mal einer plötzlich etwas anderes macht.
Das klingt alles so harmonisch – gibt es nie Streit zwischen Ihnen über Inhalte – oder die Art, wie sie auf der Bühne agieren wollen?
Wenn wir völlig unterschiedlicher Ansicht wären, ginge kein Programm zusammen. Aber klar: Wir sind drei Kerle auf der Bühne – da kommt es auch zu unterschiedlichen Ideen. Zum Glück hatten wir mit Gabi Rothmüller eine Regisseurin, die da auf ihre knappe Art die Alpha-Tierchen gebändigt hat. Grundsätzlich finde ich Streit aber durchaus sehr fruchtbar. War aber diesmal nicht nötig.
Das Gespräch führte Ariane Lemme
„Keine Kunst“ mit Michael Frowin und Thomas Quasthoff am Samstag, dem 8. Februar, um 20 Uhr im Nikolaisaal in der Wilhelm-Staab-Straße 10/11. Der Eintritt kostet zwischen 10 und 30 Euro
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