Kultur: Kunst aus der Natur
Kunstverein präsentiert auf der Freundschaftsinsel Olaf Wegewitz
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Kunstverein präsentiert auf der Freundschaftsinsel Olaf Wegewitz Von Lore Bardens Plötzlich kam Bewegung in die Gruppe. Fast unbemerkt hatte Olaf Wegewitz zu den meditativen Klängen, die Andreas Akesson am Freitag Abend seiner Kora, einem afrikanischen Seiteninstrument entlockte, Arbeiten aus dem Stoß seines „Herbariums“ genommen. In dem Bambusgestell schichtet Wegewitz seit 1998 farbige Zeichnungen, die von darunter liegenden, getrockneten Pflanzen beseelt sind. Sorgfältig breitete er die fast quadratischen Blätter auf dem sauberen Fußboden des Pavillons auf der Freundschaftsinsel aus, um sie aber bald wieder in den Herbariumsstoß zu legen. Das Publikum, das bis dahin andächtig den fremd-friedlichen Klängen aus dem beidhändig bedienten Kalebasseninstrument gelauscht und sich an dem ästhetischen Arrangement hängender und liegender Malereien gelabsalt hatte, wurde neugierig und bildete einen immer engeren Kreis um den Künstler. Fast verschmitzt und nur sehr kurz zeigte der 1949 Geborene, was sich unter seinen sehr unterschiedlich farbigen und flächigen Malereien verbarg: Gräser, Blumenstiele, Blüten, ein Herbarium eben. Die unscheinbar scheinenden Hirtentäschel und Brombeeren, die bescheidenen Schafgarben und Wegeriche inspirieren den im Norden des Harzes lebenden Maler Olaf Wegewitz, dessen Name fast wie die Bezeichnung einer schützenswerten Pflanzenart klingt, schon seit je. Man kann sich keinen geeigneteren Ausstellungsort als den Pavillon auf der Freundschaftsinsel, dem Universum eines weiteren Pflanzenenthusiasten, für Wegewitz“ Huldigungen an die Natur denken. Schmal und lang schweben vor einer Wand seine Arbeiten für Maria Sibylla Merian, die Ende des siebzehnten Jahrhunderts die Welt bereiste, um exotische Pflanzen zu zeichnen. Drei Bahnen unterschiedlicher Seinszustände pflanzlicher Welten hängen so, mal leuchtend in hellem Grün, mal vom trübgrauen, aber keineswegs trübsinnigen Regenmantel schützend verdeckt und erinnern ein wenig an die Seerosenmeditationen von Monet. Eine vierte Bahn trägt die Schrift: „Hier ist Schutz vor Nachstellungen und vor Lichtblitzen“ oder „Surinams Gewitter erschüttern den Festlandsockel" steht da zu lesen, und, sollte man nicht wissen, was damit anfangen, gibt das rot geschriebene Wort „Kunst“ freie Bahn zur Interpretation. Daneben versteckt der an Pflanzenenthusiasten erinnernde Künstler in einem „Schrein für Maria Sybilla Merian“ weitere solcher bemalter Stoffbahnen, die nur darauf zu warten scheinen, dass jemand vorbeikommt und sich für diese verborgenen Schönheiten interessiert. Die Ausstellung ist insgesamt wie ein Versteckspiel organisiert. Das Offenkundige ist nur ein Teil der Wahrheit, um die darunter liegenden, in die Tiefe der Natur-Liebe, -Betrachtung und -Anverwandlung führenden Inhalte zu schützen wie vom Aussterben bedrohte Pflanzen. Olaf Wegewitz sammelt (Pflanzen) wie ein Wissenschaftler, entdeckt (Pflanzensammler- und schützer aus der Vergangenheit) wie ein in unbekannte Welten dringender Forscher und verarbeitet seine Eindrücke wie ein Künstler. Altmodisch mag das dem scheinen, der Liebe, Respekt und Achtsamkeit als nicht angesagte Eigenschaften abtut. Allen anderen eröffnet sich ein Kosmos. Nicht nur der von Olaf Wegewitz. Freundschaftsinsel (Pavillon), Mi-Fr 12-17 Uhr, Sa- So 12-18 Uhr, bis 7.8.
Lore Bardens
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