Kultur: „Kunst ist etwas anderes“
Saisonbeginn im Schloss Neuhardenberg: Ausstellung über Grenzgänger
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Die stolzen Preußen-Adler auf dem First von Schloss Neuhardenberg haben schmutzige Gesellschaft bekommen. Geier hocken in der Ausstellungshalle, die Schwingen aus abgefahrenen Autoreifen, das Federkleid aus Weißblechdosen, dazu ein Baum aus Stacheldraht. Ein blechernes Nilpferd glänzt am Schlossteich in der Frühlingssonne, weit reißt es sein Maul aus rostigen Schaufeln auf.
Es ist dies die Kunst eines Außenseiters, des finnischen Bauern Alpo Koivumäki. Seine wilden Tiere aus Stahl und Gummi, alten Plastiktüten und Ölfässern, sind der Blickfang der Ausstellung, mit der Schloss Neuhardenberg (Märkisch-Oderland) an diesem Sonntag in die Saison startet. Provokanter Titel der Schau: „Kunst ist etwas anderes“.
Die Ausstellung widmet sich Grenzgängern, die im etablierten Kunstbetrieb nicht vorkommen. Kranke sind dabei – wie der Schweizer Maurice Dumoulin, der mit 70 Jahren begann, in einer selbst gegrabenen Höhle die seltsamsten Gegenstände zu sammeln. Das Werk von Einsiedlern wird gezeigt– wie das des Kanadiers Richard Greaves, der aus Gerümpel, aber ohne Nägel, aberwitzige Baumhäuserbaut und damit wie eine Spinne Baum und Baum verbindet. Und die Arbeit solcher, die nach Lebenskrisen zur Kunst fanden - Gescheiterte wie der 1939 geborene Alpo Koivumäki. „Er ist einer der vielen Kleinbauern, die kaputt gingen, als Finnland in die EU kam“, berichtet Werner Jeker, der Schweizer Grafiker und Kurator der Ausstellung in Neuhardenberg. Andere hätten Selbstmord begangen, Koivumäki wählte die Kunst als Ausweg. Grundlage der Ausstellung sind die Fotografien des Lausanner Fotografen Mario del Curto. Er porträtiert seit Jahren die Außenseiter bei ihren Experimenten an den Grenzen der Kunst. Del Curtos Bilder sind in Neuhardenberg erstmals in einer umfassenden Ausstellung in Deutschland zu sehen. Diese Grenzgänger auf ihren Einödhöfen folgen alle dem Diktat einer Grenzen sprengenden Fantasie und ihre Werke stehen in der Tradition früherer Darstellungen des Unerklärbaren, Unrationalen, Dämonischen. dpa
1. April bis 24. Juni, Schloss Neuhardenberg
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