Kunststudenten stellen im Insel-Pavillon aus: Kunst verbal
Kunststudenten zeigen im Insel-Pavillon, wie schwer es ist, eigene Arbeiten mit Worten zu beschreiben.
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Ein Akt der fröhlichen Notwehr, der Selbstbehauptung gegenüber einer Sprache der Vermarktung, sei der Ausstellung vorausgegangen. So beschreibt der Journalist und Kurator Gerrit Gohlke das Projekt, das er zusammen mit der Professorin Friederike Feldmann mit Studenten der Kunsthochschule Weißensee entwickelt hat und im Pavillon auf der Freundschaftsinsel zeigt. Es entstand keine kuratierte Ausstellung, sondern ein Experimentalraum, der auch anderen Kunsthochschulen gut anstünde.
Bilder sind zu sehen und in einem weißen Raum in der Mitte der Galerie liegen die Texte zu den Bildern. Künstler schreiben über ihre Kunst. Eine Anforderung, mit der sich Absolventen von Kunsthochschulen in immer größerem Maße konfrontiert sehen. Pendelnd zwischen grandioser Selbstdarstellung á la Markus Lüpertz oder zurückgezogenem Eremitentum á la Frank Auerbach war die Präsentation des Künstlers in der Öffentlichkeit schon immer ein schwieriges Feld. Während es in angelsächsischen Ländern üblich ist, dass Künstler ihre und die Arbeiten von Kollegen besprechend, treibt hierzulande erst der Umbruch von Presse- und Kunstlandschaft viele Kunstschaffende dazu, verstärkt über die eigene Präsentation nachzudenken und diese in Texten zusammenzufassen.
Oft stellt sich dabei heraus, dass das, was vorher klar erschien, gar nicht so einfach in Worte zu fassen ist. Gerade, wenn die Kunst nicht unbedingt selbsterklärend ist, kann ein erläuternder Text Sinn stiften. Die Werke im Pavillon sind jeweils mit der Darstellung des Künstlers im Katalogtext verbunden. Es entsteht ein Panorama möglicher Darstellungen. Manchmal klaffen Text und Beschreibung weit auseinander, manchmal beschreibt die Reflektion des Künstlers treffend den Prozess der Bildentstehung.
„Naked“, nackt, überschreibt Matthias Esch seinen Text und die Erläuterung eines kleinen Bildes, auf dem sich, tja, die kreisrunde Scheibe eines nackten Mondes, wohl verdeckt durch eine Sonnenfinsternis, findet. „Studie zu Kreis (Mond)“ heißt das Bild. Es geht dem Maler nicht einfach nur um das Himmelsgestirn. Ausgangspunkt seiner Malerei seien vielmehr das Wort und die Sprache, die als Filter und Vermittler zwischen Dargestelltem und Darstellendem, dem Maler stehe, so Esch. Das hätte man dem unschuldigen Mondbild nicht unbedingt angesehen und darf gespannt sein, wie der noch studierende Künstler seinen textphilosophischen Ansatz weiterhin in die Malerei transportieren wird.
Es sei ein langes Ringen um die Texte, konstatiert Gohlke. Auch Künstler seien nicht frei von den Sprachschablonen, die ihnen entgegen hallen. Marlene Zoe Burz zeigt, dass sich Wahrnehmungsprozesse, die schließlich zum Bild führen, dieses aber nur als einen vorläufigen Zustand begreifen, durchaus verbalisieren lassen. Der Text macht klar, dass es nicht um das großartige Meisterwerk, sondern um die Entwicklung, die Kunst als Fluss und Veränderung, geht. Genau das findet der Betrachter auf dem gezeigten Bild wieder.
Marta Vovk dagegen weiß ziemlich genau, was sie nicht will, nämlich „etwas ganz unverkennbar bahnbrechend Neues machen“, oder „kolumnenhafte, pseudopolitische Meinungsmacher-Kolumnen schreiben“. Sie will dagegen „für nichts und niemanden Werbung machen“.
Der Text kommt mit einer Punk-Attitüde daher, die sich auch in der Arbeit von Vovk findet. Die Künstlerin verdichtet zersplitterte Objektfragmente zu einer Materialcollage und versieht sie mit einem rotzigen Statement, das sich gegen Konventionen im Kulturbetrieb wendet: „Scheiß auf die willkürlichen Regeln der Subkultur“. Zugleich erklärt sie aber, sie wolle „nicht durch eine aufgezwungen-witzige Rebel without a cause-Attitüde gehaltlose Provokation erzeugen“.
Allem Anschein nach möchte Marta Vovk Klischees überwinden. Nun ist es gar nicht so einfach, eine künstlerische Form zu finden, die nach einem Jahrhundert voller Avantgarden und Experimente noch irgendeine Form sprengen kann. Aber der Versuch von Vovk in Bild und Text ist jedenfalls gelungen. Richard Rabensaat
„Quelltext“, Pavillon auf der Freundschaftsinsel, noch bis zum 28. Februar.
Richard Rabensaat
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