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Von Almut Andreae: Kunstparcours

Das Museum Junge Kunst aus Frankfurt/Oder präsentiert ab morgen 22 Künstler im Kunstraum Potsdam

Stand:

Ab und zu geht Kunst auf Tournee. Nun zeigt das Museum Junge Kunst aus Frankfurt/Oder in Potsdam Flagge. Bilder und Skulpturen aus den eigenen Beständen, die zuletzt zwischen Juli 2008 und Januar 2009 im Rahmen der Ausstellung „Standpunkte II“ an der Oder zu sehen waren, sind nun in die Schiffbauergasse nach Potsdam gereist. Hier ist ab morgen Abend, angepasst auf die räumliche Situation des gastgebenden Kunstraum Potsdam, eine leicht abgespeckte Variante der Frankfurter Ausstellung zu sehen.

Prominente Zugpferde der Schau, die in einem Rundumschlag 22 Künstler der Jahrgänge 1937 bis 1970 aus den eigenen Beständen zusammenführt, sind A. R. Penck (geb. 1939) und Neo Rauch (geb. 1960). Pencks „Schritt ins Ungewisse“ und das ein Jahr zuvor entstandene Rundbild „Sog“ von Neo Rauch gehören zu den Werken, die den Ausstellungsbesucher gleich im ersten Raum empfangen. Lässt man die Monumentalität dieser Bilder mal außen vor, wird durch die Gegenüberstellung von Pencks enervierter Darstellung einer gehetzten Figur mit Neo Rauchs geheimnisvollen Tondo in Öl auf Papier auf schwarzem Grund vor allem die Verschiedenartigkeit der beiden Künstler spürbar.

Mit der Präsentation ausgewählter Künstler aus der eigenen Sammlung und den nun gezeigten Arbeiten der Jahre 1986 bis 2006 schreibt die Ausstellung die Vorgängerschau „Standpunkte I“ mit Arbeiten des Zeitraums 1945 bis 1985 fort. Angelehnt an den Sammlungsschwerpunkt des Museums Junge Kunst, der seit neunzehn Jahren auf der Malerei, Skulptur und Objektkunst ab 1945 in Ostdeutschland liegt, erhebt die Präsentation in keiner Weise Anspruch auf Vollständigkeit. Stattdessen legt sie ihren Fokus auf Positionen bildender Künstler – in erster Linie ostdeutscher Herkunft – die ein interessantes Spektrum unterschiedlichster Herangehensweisen an Themen unserer Zeit offenbaren.

Dabei versteht sich die Ausstellung bewusst nicht als eine Themenausstellung, sondern will gerade die Vielseitigkeit divergierender Richtungen und Intentionen beispielhaft abbilden. Für die Potsdamer Fassung der großflächiger angelegten Ursprungsausstellung in der 900 Qaudratmeter großen gotischen Rathaushalle in Frankfurt/Oder wurde eine Beschränkung notwendig. Jeder der gezeigten Künstler ist in Potsdam mit je einer Arbeit vertreten.

In der angenehm großzügig gestalteten Präsentation im Kunstraum stechen einige „Hingucker“ ganz besonders hervor. Hierzu gehören das monumentale Bildnis „Bernadette“ aus einer Reihe großformatiger Nonnenbildnisse der 1953 in Ostberlin geborenen Cornelia Schleime, das kraftvolle Ölbild „fusion I“ von Hans-Hendrik Grimmling oder etwa die beiden eigenwilligen Hochformate der gebürtigen Polin Mariola Brillowska, die in ihren Ölgemälden den Heiligen Sebastian einer provokanten Neuinterpretation unterwirft. Auch der Mittelgang zwischen Eingangsbereich und den hinteren Galerieräumen hat gutes Potential, den Ausstellungsbesucher bei seinem Parcours durch 20Jahre ostdeutsche Kunst zu entschleunigen. Hier treffen mit Norbert Bisky und Thorsten Zwinger zwei jüngere Kollegen der malenden Zunft aufeinander. Deren Stil könnte kaum unterschiedlicher sein, obwohl beide Künstler gezielt mit eingefahrenen Sehgewohnheiten spielen bzw. diese konterkarieren. Biskys plakative Inszenierung des energisch vorwärts strebenden jungen Menschen formiert sich zum schrillen Bewegungsmuster. Demgegenüber erteilt Zwinger jeglicher Bildauthentizität eine klare Absage. In seiner Installation aus Keilrahmenlatten mit dem Titel „Ellen Dallon“ hat der fotografierende Maler eine wahre Flut eigener Fotos an die Latten gepinnt. Die bei ihm zu beobachtende Lust an Bildsequenzen begegnet in der Ausstellung noch an mehreren Stellen. Überhaupt lauern am Rande des sich im Obergeschoss fortsetzenden Parcours mit Bildern, Skulpturen und Objekten zahlreiche Überraschungen, die Ermüdungserscheinungen keine ernsthafte Chance gibt.

Insgesamt ist es den Ausstellungsmachern gelungen, in Potsdam eine Visitenkarte abzulegen, die ein aufschlussreiches Profil der Sammlung zeichnet und dazu motiviert, umgekehrt den Weg nach Frankfurt/Oder zu gehen. Die künstlerische Leiterin im Kunsthaus Potsdam, Katja Dietrich-Kröck, sähe es auch als einen Erfolg der Ausstellung, wenn es gelänge, die Aufmerksamkeit des Publikums auf jene Schätze in Kunstsammlungen zu lenken, die sich eher an der Peripherie des Landes befinden.

Bis 26. April, Kunstraum, Schiffbauergasse 4,: Mi-Fr 12-18 Uhr, Sa/So 11-18 Uhr, Vernissage morgen, 20 Uhr

Almut Andreae

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