Kultur: Kunstreich geblasen
Ensemble „Gold&Gebein“ beim Benefizkonzert für die Stiftung Altenhilfe in der Friedenskirche
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Ensemble „Gold&Gebein“ beim Benefizkonzert für die Stiftung Altenhilfe in der Friedenskirche „Die kronprinzliche Kapelle bestand damals schon aus den geschicktesten Tonkünstlern“, liest man bei Friedrich Nicolai über jene Rheinsberger Musikantenschar, die zusammen mit dem Kronprinzen und späteren König Friedrich II. der Tonkunst huldigte. „Die beyden Gebrüder Graun, zwey Brüder Benda spielten die Violine, Hr. Janisch das Lautenviolon, Hr. Petrini die Harfe, Hr. Schaffrath den Flügel“. Majestät bliesen, was sonst, die Traversflöte. Diesen Platz nimmt itzo Marion Hofmockel ein. Sie und ihr Ensemble „Gold&Gebein“ darf sich in diesem Jahr mit dem historischen Namen der Rheinsberger Hofkapelle schmücken, der von der Musikakademie Rheinsberg alljährlich an ein junges, der historisierenden Spielweise huldigendes Ensemble verliehen wird. Der etwas ungewöhnliche Name dieser frisch und munter aufspielenden und bestens aufeinander abgestimmten Gemeinschaft gut ausgebildeter Musici steht für die schroffen Gegensätze des 17. Jahrhunderts, in denen die Wissenschaften blühten, Sinnenfreude obwaltete und die Künste zu Höhenflügen abhoben, aber auch Glaubenskriege, bitterste Armut, Aberglaube und Hungersnöte für gesellschaftlichen Niedergang sorgten. Aus diesem Spannungsfeld heraus, sucht „Gold&Gebein“ seinen Interpretationsansatz zu gewinnen. Ihn konnte man bei einem Benefizkonzert zugunsten der Stiftung Altenhilfe Potsdam in der Friedenskirche kennen lernen. Erstmals hatten sich dazu alle landeshauptstädtischen Clubs (der Lions, Rotarier und Soroptimistinnen) zusammengetan, um ihr soziales Verantwortungsbewusstsein und entsprechendes Engagement zu bündeln. Der Erlös des Abends ist älteren und hilfebedürftigen Mitmenschen zugedacht, wie OB Jann Jakobs als Benefiz-Schirmherr betonte. Selten gespielte Noten alter Meister von jungen Musikern wieder zu entdecken, hat gewiss seinen Reiz. Jedoch schien die Ehre, den verpflichtenden Namen Rheinsberger Hofkapelle 2004 tragen zu dürfen, den sechs Instrumentalisten mit ihren historischen Handwerkszeugen mitunter eine zu große interpretatorische Last zu sein. Dem Klangideal der alten Kapellbesetzung mit seiner Fülle und Weichheit huldigten sie keinesfalls, zumindest nicht in den schnellen Ecksätzen des Concerto II in D-Dur für Flöte, Violine (Tobias Holtiegel), Viola da gamba (Friederike Däublin) und dem Basso continuo mit Violoncello (Burkart Zeller), Theorbe (Ophira Zakai) und Cembalo (Adelaide Bizeul) von Georg Philipp Telemann (1681-1767). Gedeckter Klang fand sich im Affetuoso, dem es allerdings an innerer Spannung gebrach. Erst allmählich fand „Gold&Gebein“ zu jener erforderlichen drängenden Intensität, aus der sich Barockmusik ihre affektgeladenen Funken schlägt. In der e-Moll-Suite aus „Pieces en Trio“ von Marin Marais (1656-1728) wirkte der „ziehende“ Geigenklang zuweilen sehr forciert und durchdringend, während das Traversspiel nicht nur hier kunstreich und ausdrucksvoll geriet. Auch in der Triosonate F-Dur von Pietro Locatelli (1695-1764) wusste die Flötistin mit den „wesentlichen Manieren“ und „willkürlichen Veränderungen“ stilkundig umzugehen. Schmerzerfüllt und klangintensiv ertönte das Largo. Die Auswahl einander sehr ähnlicher Stücke ergänzte sich mit Telemanns 6. Quartett aus „Nouveaux Quatuors“, das sich als eine unterhaltsame Nummernfolge entpuppte. Graziös spielte man im „Gracieusement“-Satz auf, vital im „Vite“-Satz. Prononciert war das „Distrait“ phrasiert, empfindsam und besinnlich der „Modéré“-Abgesang angestimmt. Eine Zugabe gab''s natürlich auch, Blumen dito – zeitlich gleichzeitig überreicht vom OB und den fünf Clubpräsidenten. Auch hier ein Ensemblespiel im Dienst an der guten Sache. Peter Buske
Peter Buske
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