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Kultur: Kurzweilig

Musikalische Scherze mit der Kammerakademie

Stand:

Wenn man über musikalische Scherze lachen will, muss man wissen, worüber. Hörbar sollte dabei erkennbar sein, wann planvolles Durcheinander zum einfachen Radau wird oder bewusst eingesetzte Quart- und Quintparallelen zum harmonischen Fehltritt führen. Oder auch umgekehrt. Da sind die Musiker gefragt, dem Publikum die Möglichkeit dieser oder jener Variante auf vergnügliche und fantasieanregende Weise nahezubringen. In Werken von auch weniger bekannten Komponisten aus dem Frühbarock und dessen Blütezeit entdeckten Mitglieder der Kammerakademie Potsdam eine Menge von klingenden Köstlichkeiten, die sie in der Reihe „Kammermusik im Foyer“ am Sonntag im Nikolaisaal unter dem Titel „Scherzi musicali“ den erwartungsfroh gestimmten Besuchern präsentierten. Und zwar auf historischen Instrumenten, in alter Stimmung und entsprechender Spielweise.

Vibratoloses Spiel haben sich Yuki Kasai und Christiane Plath (Violine), Annette Geiger (Viola), Christoph Hampe (Cello) und Tobias Lampelzammer (Kontrabass) nebst ihren Gästen Björn Colell (Theorbe) und Christine Kessler (Cembalo) an diesem Nachmittag also verordnet, was zu einem glasklaren und lebendig phrasierten, geradezu lustvoll sprühenden und direkt anspringenden, weitgehend herben, gelegentlich auch schroffen Klang führt. Durch ihn kommen sowohl die barocke Gelehrsamkeit als auch Witz und Humor zum Klingen und nicht zu kurz.

Programmdramaturgisch klammert die Form der Passacaglia das Angebot. Gemessenen Schritts und von schmerzvoll-intensiven Tönen erfüllt, schreitet eingangs die in g-Moll stehende Passacaglia von Biagio Marini vorüber, während sich abschließend das B-Dur-Passacaglia-Grave aus der Suite „Pythagorische Schmids-Fuencklein“ von Rupert Ignaz Mayr mit der Legende von der Entdeckung der Zahlenverhältnisse zwischen Intervallen durch den griechischen Philosophen Pythagoras beschäftigt. Ernst und streng regelgerecht wird gespielt, was schließlich in köstlich Dissonanzenschräges mündet.

Wie es dagegen in einer „Fechtschule“ zugeht, davon gibt Johann Heinrich Schmelzer in seinem Balletto à 4 köstliche Kunde. Vom Aufmarschieren der Teilnehmer mit stolz geschwellter Brust über den Austausch von Gefälligkeiten und das kraftvolle Klingenkreuzen bis hin zur Aria des wundversorgenden Baders nebst jaulendem Aufschrei des Verletzten ist des plastischen Musizierens und der Kurzweil kein Ende. Der Lust an musikalischer Illustration frönt ebenfalls Carlo Farina in seinem „Capriccio stravagante“, das auf amüsante Art Musikinstrumente wie Drehleier, Pfeifchen oder Jagdhorn sowie Tierlaute (Hahn, Katze, Hund) nachahmt. Dabei sparen die Instrumentalisten nicht mit der Vorführung ihrer akrobatisch-imitatorischen Zupf-, Schlag- und Streichkunst. Beschwingt geht es da zu, natürlich auch klangfarbenreich und dynamisch fein abgestuft.

Zu den aufgepeppten Altvorderen gehört weiterhin Georg Philipp Telemann, der in seinem „Concerto polonois“ – ebenso wie Schmelzer mit seiner „Polnischen Sackpfeifen“-Piece – aus der polnischen Volksmusik schöpft. Rhetorisch ganz vorzüglich durchstreifen die Musicis die vielfältige Scherzi-Welt in Telemanns B-Dur-Divertimento und sind genauso mit spielerischer Hingabe bei der Wiedergabe des „Spirituoso“-Satzes aus dessen gleichnamiger D-Dur-Sinfonia. Lachen mit angezogener Handbremse, dafür viel Beifall. Peter Buske

Peter Buske

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