Kultur: Küstenwanderung
Rainer Ehrt, Christian Fleming und Christian Heinze erzählen in der Galerie M vom Strand
Stand:
Rainer Ehrt, Christian Fleming und Christian Heinze erzählen in der Galerie M vom Strand Dunkel hängen die Häuser aneinander. Einladend wirken sie nicht, eher bedrohlich. Christian Fleming muss in recht düsterer Stimmung gewesen sein, als er Hiddensee bereiste. Davon zeugen zehn Aquarelle, die neben Arbeiten von Rainer Ehrt und Christian Heinze bis zum 25. November in der Galerie M des Brandenburgischen Verbandes Bildender Künstler gezeigt werden. Flemings Blick macht aus der Insel ein Schattenreich, in dem allenthalben die Häuser lebendig sind, nicht deren Bewohner. Die Häuser sind „befreundet" oder „verzaubert", der Küstenwanderer ist der Ausgeschlossene, die Inselbewohner oder andere Lebewesen zeigen sich ihm nicht. Selten schaut der Künstler auf das Wasser, und wenn, dann gelingt ihm in der Reduktion auf wenige Striche mit „Hiddensee-Welle“ der poetischste Gruß von der Küste. Alles andere als schwermütig hingegen sind die mit Acryl überzeichneten Aquarelle von Rainer Ehrt. Mit frivoler Lust illustriert er in seinen aktuellen Arbeiten mythengleiche Szenen. In dem achtteiligen Zyklus „Holunderland" herrschen fliegende Fische und die Frau an sich, wobei ihre wollüstig inszenierte Blöße und die zahlreichen ins Bild implantierten erotischen Metaphern nicht mehr augenzwinkernd, sondern schamlos wirken. Auch im Zyklus „Belustigung" steht eine Frau unbekleidet auf der Bühne, sie ist der Mittelpunkt einer Zirkusarena. Um sie herum blasen kleine Männer ins Horn oder auf der Tompete, springt ein Tiger durch den Reifen, windet sich eine Schlange und stellt sich ein Pferd grinsend vor ihr auf seine Hinterbeine. Die aneinander gereihte Hängung der Bilder unterstützt den Eindruck der steten Wiederholung des einen Themas, obwohl die beiden älteren Arbeiten „Landschaft mit Vogelscheuche" und „Steilufer" sowohl in der Maltechnik wie in der Motivwahl deutlich andere Akzente setzen. Gleichsam als Repräsentantinnen des Meeres und des Weiblichen gelten die Nixen, von denen Christian Heinze eine im Netz gefangen präsentiert. Genauer gesagt, zeigt er in der Metallcollage „Nixe im Netz" das, was an einer Meerjungfrau am meisten zu interessieren scheint. Nebst kleinen Fischen ragen perfekte Schaufensterpuppenbrüste aus einem Torso, der weder Kopf noch Arme oder gar einen Unterleib hat. Ebenfalls leiblichen Genüssen, die das Meer bietet, sind drei weitere, „Stilleben“ betitelte Metallcollagen gewidmet. Auf großen Tellern dargebotene Fische sind Trinkbecher, Laternen und Muscheln zugeordnet. Die Maske des Neptuns erinnert an ausufernde Gelage in frischer Salzwasserluft. In den zehn Papierarbeiten, Radierungen und Collagen, konzentriert sich Heinze auf den Blick des Spaziergängers. Besonders in den Radierungen, die ockergefärbte Küstenlandschaften zeigen, tritt der unverkennbare Stil des Potsdamers hervor. Im Gegensatz zu Fleming, der eine bewohnte fremde Insel zeigt, stellt Heinze Hiddensee als unbehaust dar. Felsen, Meer und Himmel bestimmen die Wahrnehmung. Nur auf zwei Bildern skizziert Heinze Menschen, die in flirrender Sommerhitze das Meer genießen. In „Sommertag“, einer großformatigen Papiercollage, die als Intro der Ausstellung die Besucher begrüßt, gelingt Heinze die Vielschichtigkeit der Eindrücke zu visualisieren, die einen durchfluten, sobald der Gedankenstrom freigeschaltet wird und kein Ziel mehr fixiert. Ein Tag am Meer kann verschiedene Stimmungen evozieren. Lene Zade Galerie M, Mittelstraße 39, Öffnungszeiten Mi - Fr 12 bis 17 Uhr, Wochenende 13 bis 18 Uhr.
Lene Zade
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: