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Kultur: „Land unter“ an der Klinkenmühle

„Mehr Meer“: Ausstellung zum Sommerprojekt des Offenen Kunstvereins ab morgen im KunstWERK

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Nichts scheint mehr am rechten Platz: Pinguine retten sich auf schmelzenden Schollen ans grasgrüne Ufer, Riesenquallen pumpen sich durch die Luft, an der Wäscheleine hängen Fische zum Trocknen und eine Seejungfrau steckt ihren Kopf in Aspik ... „Land unter“ herrschte zwei Wochen lang an der Klinkenmühle, einem Bauernhof bei Luckenwalde, auf dem Potsdams Offener Kunstverein seit vielen Jahren schon sein Sommerlager aufschlägt. Fünfzig Kinder und Jugendliche aus den Mal- und Theaterkursen ließen hier die Quellen ihrer Kreativität sprudeln, öffneten alle Schleusen, bis der Hof mit allerlei Flusstieren und eigenartigen Meeresbewohnern überschwemmt war. Jetzt gelangen die in der Natur nur sehr selten zu beobachtenden Wasserwesen in eine Ausstellung nach Potsdam, zu sehen ab morgen um 19 Uhr im KunstWERK in der Hermann-Elflein-Straße.

Was auf dem Bauernhof zwischen Schweinen und Schwalben skurril und unwirklich anmutete, erhält in der Galerie einen künstlerischen Rahmen. „Mehr Meer“, so der Titel der Ausstellung, versammelt Zeichnungen und Malerei, Figuren aus Styropor und Pappmaschee, Installationen und Miniaturwelten in Konservendosen, allesamt angeregt vom diesjährigen Kulturlandthema „Faszination Wasser“.

An der Klinkenmühle, wo die Kinder und Jugendlichen mit der Potsdamer Künstlergemeinde um KunstWERK-Chefin Sabine Raetsch und Theaterfrau Ulrike Schlue gemeinsam wohnten und arbeiteten, war genügend Raum, interessanten Phänomenen in der Unterwasserwelt auf den Grund zu gehen, etwa warum Meeresschildkröten weinen, Austern häufig ihr Geschlecht wechseln und aufgeschreckte Krabben blass werden.

Wahre und märchenhafte Geschichten brachten die Fantasie auf Trapp und inspirierten unter anderem zu einer Galerie schillernder Fischbilder. Darin gleicht kein Tier dem anderen. In einem Wal haben sich zwei Leute häuslich eingerichtet und ein Südseefisch mit Sonnenaugen spiegelt eine Insel mit Palmen in seinem Schuppenkleid. Vielleicht aber trägt er das Bild auch in seinem Innern. Die Perspektiven wechseln. Was ist außen, was innen in einem vollen Fischglas, das ins Wasser gefallen ist?

Gut beobachten lässt sich, wie die jungen Maler mit dem Farbspektrum des Meeres spielen: vom grellen Gelb der Sonnenstrahlen, die durch die Oberfläche brechen, bis zum Blauschwarz der Tiefsee, wo allein die Leuchtorgane der dort hausenden Fische Licht ins Dunkel bringen.

Das Besondere an Kunstferien in der Natur, fernab des Alltags und der gewohnten Umgebung, liegt in der Chance, sich in eine Arbeit zu versenken, nicht abbrechen zu müssen, sondern wie im kindlichen Spiel für Stunden und Tage in eine andere, eine innere Welt zu gehen. Der Offene Kunstverein unterstützte diesen kreativen Prozess mit Musik, Literatur und der Inszenierung kleiner Theaterstücke, für die die Kinder alle Requisiten und Kostüme selbst herstellten. Am Ende der beiden Kunstwochen wurden sie vor Eltern und Freunden an verschiedenen Schauplätzen der Klinkenmühle aufgeführt: Da marschierte vor der Kulisse einer kleinen Population gestrandeter Papp-Pinguine eine Riege leibhaftiger Frackträger auf, um das Paarungsverhalten der watschelnden Seevögel nachzustellen. Auf dem nahe gelegenen See entbrannte eine Schlacht um eine entführte Prinzessin und in der Scheune schwärmten in einem haushohen Zellophan-Aquarium überlebensgroße Zierfische aus.

Manches Detail aus den Szenerien und Installationen wird sich in der Ausstellung wieder finden. Und natürlich auch das Sammelsurium an Fischbüchsen und Einweckgläsern, in die die Kinder winzige Wohnzimmer, Strandlandschaften, Sonne, Mond und Sterne hineingebaut haben. Antje Horn-Conrad

KunstWERK, Hermann-Elflein-Str. 10, Vernissage Sa 1.9., 19 Uhr, geöffnet Mi-So 15-19 Uhr, bis 28.10.

Antje Horn-Conrad

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