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Den Blick auf die wichtigen Dinge richten. Beim Philosophy-Slam treten Denker mit substanziellen Fragen auf die Bühne. Die Philosphiestudentin und Musikerin Eva Wunderbar spricht über die Rechte der Tiere sowie ihre Sicht auf die Menschheit.

© Monika Kräutler

Philosophy-Slam im Waschhaus Potsdam: Laut nachdenken

Heute wird im Waschhaus Potsdam über Philosophie geslammt. Eva Wunderbar ist zum zweiten Mal dabei.

Von Sarah Kugler

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Potsdam - Worum geht es eigentlich im Leben? Geht es um Dinge, die wir wollen oder um Dinge, die wir brauchen? Dreht sich alles nur um einen selbst oder ist die große Gemeinschaft nicht eigentlich viel wichtiger? Muss ich geliebt werden? Kann ich selbst überhaupt lieben? Und wo führt das alles eigentlich mal hin? Fragen über Fragen, mit denen sich die Berliner Künstlerin Eva Wunderbar auseinandersetzt. Unter anderem in philosophischen Slammertexten, von denen sie einen am heutigen Donnerstag zum Philosophy-Slam im Waschhaus mitbringen wird.

Bei der bereits dritten Veranstaltung dieser Art in Potsdam, setzen sich die Slammer intensiv mit substanziellen Fragen auseinander. Jeder hat zehn Minuten Zeit, um seine vorbereiteten Gedanken dem Publikum und der Fachjury verständlich zu machen. Am Ende wählen Jury und Publikum jeweils ihren Preisträger, der mit einem Schierlingsbecher geehrt wird – eine Anspielung auf die Hinrichtung des Philosophen Sokrates, der den mit Gift gefüllten Becher austrinken musste. Als Zugabe liest der Philosoph und Philosophy-Slam-Erfinder Gerhard Hofweber aus seinem neuen Buch „Das schöne Kind“, die Musikerin Pia Zachmann singt ihre Interpretationen von Tom-Waits-Songs.

Für Eva Wunderbar ist es bereits der vierte Philosophy-Slam, an dem sie teilnimmt – der Text für den heutigen Abend ist trotzdem erst kurz vorher fertig geworden. Darin setzt sich die 25-jährige Philosophiestudentin mit den Rechten von Tieren auseinander, ein Thema, das sie auch in ihrer Bachelorarbeit beschäftigt. „Es gibt ja aktuell eine sehr große Debatte darum und auch das Bewusstsein der Menschen in Bezug auf den Umgang mit Tieren verändert sich immer mehr“, so Wunderbar. Für sie sind die ethischen Fragen um Recht und Unrecht aber auch allumfassend zu betrachten. „Leute, die sich für Tiere einsetzen, engagieren sich meist genauso für unterdrückte Menschen“, glaubt sie. Ihr gehe es allgemein um die Entscheidung, welche Welt wir gestalten wollen und wie wir miteinander umgehen wollen.

„Ich bin irgendwann dazu übergegangen, mir nicht mehr zu überlegen, was ich im Leben will, sondern was ich brauche“, sagt die gebürtige Hamburgerin. Sehr intensiv habe sie das auf ihren beiden Reisen entlang dem Jakobsweg erlebt, auf denen sie nur auf die Dinge zurückgreifen konnte, die im Rucksack waren – was vollkommen ausreichte. Dieses Bild ließe sich auch leicht auf das Leben übertragen, denn eigentlich bräuchten wir nicht viel. „Besitz kann auch zu Ballast werden oder noch schlimmer: zur Besessenheit“, sagt Wunderbar.

"Ich habe immer gedacht, dass ich perfekt sein muss, um beziehungsfähig zu sein"

Überhaupt sieht sie den derzeit vorherrschenden konsumgeprägten Narzissmus kritisch. Der Hang gerade der jüngeren Generation, sich stark über soziale Netzwerke, wie Facebook oder Instagram zu definieren, halte sie für bedenklich – so entstehe ein Weltbild, das Perfektion zum Ideal erhebt. Das, findet sie, ist ein Denken, das sich auch negativ auf zwischenmenschliche Beziehungen auswirkt. „Ich muss gestehen, ich habe früher auch immer gedacht, dass ich perfekt sein muss, um beziehungsfähig zu sein“, sagt sie und guckt nachdenklich. Inzwischen wisse sie aber, dass es viel wichtiger sei, jemanden zu finden, der alle Seiten an ihr liebe und mit dem sie sich zusammen entwickeln könne.

„Im Prinzip geht ja dann die Reise auch erst los“, so die Texterin, die auch eigene Songs schreibt und komponiert. „Wichtig ist vor allem, dass wir Verantwortung für uns selbst übernehmen und Vertrauen in sich zu haben.“ Dass jeder alles alleine bewältigen muss – diesen Schluss zieht sie daraus nicht. Scheitern sei eine wichtige Erfahrung, aus der es viel zu lernen gebe. Wunderbar spricht aus Erfahrung: Erst vor Kurzem hat sie eine eigene CD aufgenommen und der Weg dorthin war mühsam, wie sie erzählt. „Ich habe das mithilfe von Crowdfunding geschafft, aber da steckte viel Schweiß drin, und es gab auch immer wieder Rückschläge.“ Wenn Menschen sie unterstützen, weil sie an sie glauben, sei sie immer wieder überwältigt.

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Dieses Gefühl sei auch Grund, warum sie bei den Slams mitmache. Dabei entstehe für einen Moment eine intensive Verbindung zum Publikum, die sie durch ihre Texte noch verstärke. Dafür verbindet sie Inhalt mit Performance, nutzt einen eingängigen Rhythmus und setzt auch Reime ein. „Für mich gehört das einfach zum Slammen dazu“, sagt Wunderbar, die manchmal auch auf klassischen Poetry-Slams auftritt. Spannend sei, mit welch unterschiedlichen Themen sich die anderen Slammer auseinandersetzen: Von Arbeitslosigkeit, über Definitionen von Normalität bis hin zur Kritik an der Satire sei alles dabei. „Die Herausforderung liegt dann darin, das Thema auch so aufzubereiten, dass es das Publikum aufnimmt“, sagt sie. „Gerade Tierrechte werden sehr kontrovers diskutiert, da muss ich auch aufpassen, dass ich nicht gleich alle abschrecke.“

Philosophy-Slam, heute um 19.30 Uhr im Waschhaus Potsdam in der Schiffbauergasse 6. Der Eintritt kostet 11 Euro, ermäßigt 6 Euro

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