Kultur: Lautstärke ist nicht alles
Jaroslav Sonsky und Gesine Tiefuhr im Konzert
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Legenden machen sich immer gut als schmückendes Beiwerk, besonders dann, wenn der Teufel dabei eine tragende Rolle spielt. So schrieb der italienische Geiger und Komponist Giuseppe Tartini über die Entstehung seiner Sonate g-Moll, auch als „Teufelstrillersonate“ bekannt, dass ihm im Traume der Leibhaftige erschienen sei, dieser so vortrefflich schön eine Sonate auf Tartinis Fiedel gespielt habe, dass dieser daraufhin ein eigenes Werk komponierte. Tartini nannte es zwar das Beste, das er je komponiert habe, aber an das, was ihm der Teufel vorgespielt habe, reiche seine Komposition nimmer heran.
Besagte „Teufelstrillersonate“, ein herrliches Stück barocker Violinenvirtuosität, war auch am Sonntag mit Jaroslav Sonsky auf der Violine und Gesine Tiefuhr am Cembalo in der Reihe „Konzerte im Schloss Glienicke“ zu erleben. Doch was Jaroslav Sonsky daraus machte, kann nicht unbedingt als Bestes bezeichnet werden. Es war vor allem Lautstärke, mit der Sonsky die facetten- und überraschungsreiche Sonate förmlich bezwingen wollte. Das liedhafte Thema im Larghetto affetuoso hatte nichts Sangliches. Forsch ging Sonsky vom ersten Ton an zur Sache, was so im weiteren Verlauf kaum Möglichkeiten für Differenzierungen oder Nuancen zuließ. Das technisch Anspruchsvolle in Tartinis Komposition wirkte allzu oft verhuscht, das musikalisch Unkonventionelle wenig überzeugend interpretiert. Und wenn Gesine Tiefuhr gelegentlich versuchte, mit Sonskys lautstärkebetonten Spiel mitzuhalten, war das mehr krawallieren als musizieren, was da auf Geige und Cembalo geboten wurde.
Schon die das Konzert eröffnende Sonate A-Dur (BWV 1015) von Johann Sebastian Bach hatte diese forsche Herangehensweise angekündigt. Mit kraftvollem Bogenstrich arbeitete sich Sonsky hier durch die vier Sätze, seine Violine klang dabei in den Höhen oft schon schmerzhaft scharf in den Mitte und Tiefen wie verschnupft. Es schien, als wäre das Instrument dieser harten Gangart nicht gewachsen. Die Artikulation konnte nicht überzeugen, der Gestus war zu übertrieben und oft genug hatte man den Eindruck, hier werde nur kompositorisches Versatzstück an Versatzstück gehangen. Einnehmend war hier leider nichts, eher im Gegenteil verstörend, weil einfach die Balance, überhaupt eine Aussage fehlte. Und so überraschte es nicht, dass Sonsky auch in der Sonate D-Dur F13/6 von Antonio Vivaldi seine forsche Gangart beibehielt. Gesine Tiefuhr am Cembalo mühte sich redlich, in diesem Sturm und Drang entsprechende Akzente zu setzen, was bei der Dominanz von Sonskys Ton aber im Grunde ein sinnloses Unterfangen war.
Erst ist mit der abschließenden „Suite italienne“ von Igor Strawinsky deutete Jaroslav Sonsky an, dass er auch die leichten, kantablen Töne beherrscht. Doch blieben diese Momente nur Ausnahme. Und schon hob er wieder an, der Geigensturm a la Sonsky. Dirk Becker
Dirk Becker
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