Kultur: Lebensraum für“s Publikum
Klaus Büstrin
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Anfang der neunziger Jahre, als der Bau eines neuen Theaters auf dem Alten Markt weichen musste, glaubte fast niemand mehr daran, dass Potsdam jemals ein neues Theater bekommen würde. Die Provisorien nahmen kein Ende. Aus der Zimmerstraße, wo das städtische Hans Otto Theater im ehemaligen Gasthof „Zum Alten Fritz“ ab 1949 seine Spielstätte hatte, zogen 1992 die Theaterleute und mit ihnen die Zuschauer zwar auch auf den Alten Markt, doch in eine „Blechbüchse“. Der damalige Intendant Guido Huonder war davon begeistert, Künstler, Mitarbeiter und das Publikum wohl weniger. Die Büchse konnte sich jedenfalls nur in die Reihe der Potsdamer Theaterprovisiorien einreihen. Eigentlich sollte diese Unzierde des Alten Marktes nur fünf Jahre Bestand haben. Nun sind daraus 14 Jahre geworden. Doch heute ist ein Festtag, denn Potsdam erhält endlich sein neues Theater: Ein Traum geht in Erfüllung.
Mancher findet es jedoch schade, dass das Haus nicht im Zentrum der Sadt gebaut wurde. Man meint, ein Theater gehöre in den Mittelpunkt eines Gemeinwesens, das zu seiner Belebung beitrage. Nun steht das Theater aber in der Schiffbauergasse, dort, wo sich die Kultur konzentriert. Aber die Freude ist dennoch groß. Vor allem vom Wasser aus sieht man ein spektakuläres Bauwerk. Drei muschelförmige knallrote Dächer überspannen das verglaste Foyer des Theaters. Die riesige Glasfront gibt einen herrlichen Ausblick über den Tiefen See hinüber zum Park Babelsberg. Eine weitere Glasfront gestattet einen Einblick in den Theatersaal und die Bühne. Bei Vorstellungen heißt es dann „Vorhang zu“: Die Scheiben werden verdunkelt, um Theater-Atmosphäre zu schaffen.
Solche Atmosphäre in die jeweiligen Häuser zu bringen, darum hatte man sich stets immer bemüht. In diesen Tagen der Eröffnung sollte man darum allen Künstlern und Mitarbeitern des Hans Otto Theaters Dank sagen, die in den Jahrzehnten der Provisorien für die Theaterkunst in Potsdam da waren. Großartige Leistungen auf der Bühne und im Orchestergraben konnte man konstatieren. Das Potsdamer Theater hat sich vor allem zu DDR-Zeiten mit seinen politisch mutigen und qualitätsvollen Schauspiel- und Operninszenierungen einen hervorragenden Namen gemacht. Man reiste von überall an, um die Inszenierungen von Günter Rüger, Rolf Winkelgrund und Peter Brähmig zu sehen.
Mit Uwe Eric Laufenberg ist seit zwei Jahren ein Intendant, Regisseur und Schauspieler am Steuer, der ein Glücksfall für Potsdam ist. Mit einer unbändigen Lust an der Theaterkunst vermag er das Ensemble und alle Mitarbeiter mitzureißen. Das Publikum hat es ihm bisher mit seinem resonanzkräftigen Besuch gedankt.
Aber das Theater braucht auch weiterhin die Unterstützung seitens des Landes und der Stadt, ohne Abstriche. Laufenberg und die Mitarbeiter wissen, dass heute die Zahlen regieren, dass es nichts mehr nützt, daran zu erinnern, dass die Konzeption der Bühnen nie eine ökonomische war. E s gibt nur einen Sensor für die Notwendigkeit von Theater, und über die Notwendigkeit wird täglich abgestimmt. Theater muss sein Publikum als Partner und als Herausforderung wahrzunehmen bereit sein. Auch das Hans Otto Theater wird den Zuschauern Lebensraum bieten mit Inszenierungen, die sich der Vergangenheit und der Gegenwart stellt.
Das Hans Otto Theater schlägt mit seinem neuen Haus ein neues Kapitel Potsdamer Theatergeschichte auf. Wir sind gespannt und wünschen toi, toi, toi.
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