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Kultur: Leichtfüßig und gedankenreich

„Trenck“ am Hans Otto Theater: eine litarische Inszenierung des Filmregisseurs Andreas Morell

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Im preußischen Olymp spielt die Legende von Friedrich Freiherr von der Trenck durchaus eine Rolle. Seine sagenhafte Lebensgeschichte inspirierte bis heute viele Erzähler in Literatur, Film und Fernsehen. Nun ist Trenck im Hans-Otto-Theater angekommen. Auf der Bühne der Schinkelhalle präsentiert Regisseur Andreas Morell ein kultiviertes Kammerspiel um den preußischen Offizier, Prinzessin Anna Amalia und ihren Bruder König Friedrich II. Das Trio wird komplettiert durch einen kurzen Auftritt von Voltaire, dem Hofintellektuellen des Königs.

Schon zu Lebzeiten lieferte Friedrich Freiherr von Trenck mit einer kontrastreichen Mischung als Abenteurer, königlicher Günstling, mehrfach wegen Hochverrat Angeklagter, Gefangener auf Befehl des Königs Friedrich II. viel Unterhaltungsstoff. Zu seiner Mystifierung trugen auch seine 1786 veröffentlichten Memoiren bei, zumal sie freizügigen Gebrauch von den Vorrechten des Dichters machen. Zwar verschweigt er diskret den Namen der „großen Dame“ mit der er in „beiderseitiger erster Liebe entbrannte“, doch schon die Zeitgenossen erkannten Anna Amalia darin, die jüngste Schwester von Friedrich II. Dass Trenck schließlich als Siebzigjähriger den Tod auf dem Schafott im revolutionären Paris fand, erhob seine Geschichte erst recht in den Bereich von Fabel und Mythos. Dass die Potsdamer Inszenierung auf dem 1926 erschienenen Roman von Bruno Frank beruht, erweist sich als Pluspunkt. Frank, der 1933 emigrierte, gehört zu den vergessenen Autoren im Exil. Er war mit Lion Feuchtwanger befreundet und schrieb wie dieser anspruchsvolle historische Romane und Biographien, in denen er eine idealistische Haltung mit der Suche nach innerer Wahrheit und formaler Klarheit verknüpfte.

Etwas davon wird auch in der sparsamen und dezenten Inszenierung von Andreas Morell spürbar. Trotz seiner Ausbildung und Erfahrung als Film-Regisseur hat er mit „Trenck“ eine sehr literarische Inszenierung geschaffen, die aber die traditionelle Spielfilmlänge von knapp 90 Minuten einhält.

Ein schlichter, weißer Bühnenraum verwandelt sich mit etwas Phantasie in Drinnen und Draußen (Bühne: Matthias Schaller). Rieselnder Schnee verdeutlicht die konstante physische und psychische Kälte der Geschichte. Eine Tür im Hintergrund verbindet mit dem realen Ort. Dass die hereinkommenden Personen, Friedrich II. mit seinen Windspielen, Voltaire, Trenck einst hier gelebt haben, ist eine gelungene Überblendung von Fakten und Fiktion, die natürlich in Potsdam so wirkungsvoll wie nirgends ist. Auch sonst findet die Inszenierung immer wieder eindrucksvolle Bilder, erzählt bewegend und stringent, gibt viele Denkanstöße, aber legt sich nicht auf eine Interpretation fest.

Es geht um die alten Themen: Liebe und Staatsräson, politische Macht und persönliches Schicksal. Der große König macht den gebildeten jungen Offizier zu seinem Kammeradjudanten. Doch schon das Gerücht über das Verhältnis zwischen Trenck und Amalie entzündet die Eifersucht des Monarchen. Als Trenck aufgrund einer Intrige des Hochverrats bezichtigt wird, lässt ihn der König inhaftieren. An seinen eigenen Grabstein gekettet, verbringt Trenck – einst der Vertraute des großen, wegen seiner Toleranz gerühmten Königs –, als vermeintlicher Staatsverräter zehn Jahre im Kerker.

Die individuelle Perspektive auf das Leben der Einzelnen wird immer wieder geweitet durch Erzählungen von den politischen Errungenschaften und den Kriegen, die König Friedrich II. geführt hat. Der Vorstellungskraft und dem Nachdenken der Zuschauer wird viel Raum gelassen. Was ihn bewegt, sind die Menschen und die Worte. Beide wurden gut ausgesprochen gut gewählt.

Den Kammeradjudanten Trenck gibt Moritz Führmann eher weich und blass, wie ein fescher Draufgänger wirkt er nicht gerade. Das macht aber nichts, denn Trenck bildet nur den Aufhänger, die Achse, um die sich die Erzählung dreht. Facettenreiche Züge verleiht Philipp Mauritz dem Friedrich II. als kalter, cholerischer, zynischer Herrscher, der letztlich einsam stirbt. Ihre fantastische Wandlungsfähigkeit stellt Nicoline Schubert erneut unter Beweis. Sie gibt der Prinzessin Amalie sehr anrührende Züge, verkörpert eine junge liebende und eine vereinsamte alte Frau mit großer Ausdruckskraft. Die Idee des Mitleids, die Bruno Frank als Urmotiv seines Romans angab, weiß sie überzeugend zu vermitteln.

Dazu gesellt sich Christian Klischat als Adjudant Rochow mit schreckensweiten Augen und Stentorstimme. Andreas Herrmann gibt den Voltaire als servilen Unterhalter des Königs, der Intellektuelle als Hofnarr.

Was Bruno Frank einst als Hintergrund-Thema seines Romans „Trenck" nannte – das Problem der Gerechtigkeit - findet sich auch in der leichtfüßigen und gedankenreichen Potsdamer Inszenierung wieder. es gab viel Beifall in der Schinkelhalle.

Weitere Vorstellungen am 21., 23. 24. und 26. April, 20 Uhr, in der Schinkelhalle, Schiffbauergasse

Babette Kaiserkern

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