Kultur: Lesend durchs Theater
Morgen findet die 7. Literaturnacht im HOT statt
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Beschaulich wird es am morgigen Samstag im Hans Otto Theater (HOT) nicht. Und auch nicht einfach. Wenn um 18 Uhr die 7. Brandenburgische Literaturnacht beginnt, gilt es sich zu entscheiden, denn einige der geplanten Lesungen laufen parallel. Gut, wer will, der setzt sich den ganzen Abend in den Saal und wartet auf die Autoren. Lohnen wird es sich auf jeden Fall. Um 19 Uhr wird Friedrich Christian Delius mit seiner feinsinnig-eleganten Erzählung „Bildnis der Mutter als junge Frau“ erwartet. Um 20 Uhr folgt der Tagesspiegel-Autor und bekannte Zeit-Kolumnist Harald Martenstein mit seinem Debütroman „Heimweg“. Und um 21 Uhr liest Maxim Biller aus „Liebe heute“ seine spröden und gleichzeitig feinfühligen Kurzgeschichten. Doch wer nur im Saal bleiben will, wird auch viel verpassen.
Sechs Stunden lang wird im HOT unter dem Motto „Lesen bis der Sommer kommt“ Literatur zu erleben sein. „Dafür wird das ganze Haus geöffnet“, sagt Anne-Sylvia König, Chefdramaturgin und Organisatorin der Literaturnacht. Einen Querschnitt durch die Literaturlandschaft soll die Veranstaltung geben: Roman, Erzählung, Kurzgeschichten, Biographie und Übersetzung. Daneben szenische Lesungen von Schauspielern und die aktuellste Form der literarischen Präsenz: Das Internet. „Der wandernde web.log.“ hat Anne-Sylvia König die szenische Lesung genannt, in der Beiträge aus dem Internet präsentiert werden sollen. Von 19 bis 24 Uhr wird der Schauspieler Moritz Führmann im Theater unterwegs sein und Beiträge des Schriftstellers Rainald Götz lesen, die der auf seinem Weblog auf der Internetseite der Zeitschrift Vanity Fair veröffentlicht. „Aktueller kann Literatur nicht sein“, sagt Anne-Sylvia König. Der jüngste Beitrag auf Rainald Götz Weblog ist am Mittwoch geschrieben. Begleitet wird Führmann von einer Kamera, die seine Lesungen gleichzeitig auf eine Leinwand im Gasometer zeigen wird.
So wie Moritz Führmann lesend durch das HOT wandern wird, kann auch der Besucher die Literatur entdecken. Im Lastenaufzug, in der Tischlerei, im Magazin, im Unteren Foyer, in der Dekorationswerkstatt und selbst in der Unterbühne wird es Lesungen geben. Neben den szenischen Lesungen mit HOT-Schauspielern, unter anderem mit Auszügen aus den Scheibenweltromanen des Fantasy-Autors Terry Pratchett, werden Kerstin Decker ihre Heinrich Heine Biographie und die Potsdamer Schrifstellerin Antje Rávic Strubel ihrer Übersetzung von Joan Didions“ „Das Jahr magischen Denkens“ vorstellen. Der junge Suhrkamp-Autor Paul Brodowsky will aus „Die blinde Fotografin“, Lutz Seiler Gedichte, Martin Ahrends aus „Der beherzte Flötenspieler“ und Joachim Hildebrandt aus „Das Wiedersehen“ lesen. Wie an einem Tag der offenen Tür kann der Besucher am Samstag das Theater erleben und an ungewöhnlichen Orten Literatur hören. „Wir haben die Werkstätten gelassen wie sie sind, nur ein wenig Platz für die Zuhörer geschaffen“, sagt Anne-Sylvia König. Beschaulich wird das nicht in jedem Fall, aber spannend mit Sicherheit. Dirk Becker
Karten zu 15, ermäßigt 10 Euro können bestellt werden unter Tel. (0331) 98 11 8
Dirk Becker
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