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Kultur: Licht im Nebel

Photographen-Lounge im Museumshaus „Im Güldenen Arm“

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Nebel senkt sich im Galeriehaus der Unteren Denkmalschutzbehörde von Andreas Kalesse. Zunächst einmal der Nebel der Vergangenheit, denn in seiner Eröffnungsrede kündigte Potsdam oberster Denkmalschützer das Ende der Wechselausstellungen an diesem Ort an. Vielleicht wird jedoch sein Wunsch wahr, die Dauerstellung von Hedwig Bollhagens Keramik könne hier ein Zuhause finden.

Und dann die Nebel über Potsdams Sanssouci. Zehn Fotografen der Stadt haben sich im losen Interessenverband der „Lounge“ zusammengeschlossen. Ihre Namen tauchen immer dann auf, sobald es in Potsdam um Fotografie geht. Für die Beigeordnete für Stadtentwicklung und Bauen, Elke von Kuick-Frenz, ist diese Schau „eine der schönsten Ausstellungen, die wir hier hatten.“ Sie meinte sicher auch den Nebel, dem Walter Wawra über dem Grün des Parks begegnete. Wer die Postkartenansichten der fotografisch viel geschundenen Motive im Weltkulturerbe satt hat, findet in diesen atypischen Parkansichten Linderung. Eine Statue blickt einsam von der Orangerie hinüber in die dicken Morgenschwaden, die grau, einsam und sattfeucht den Park einwattieren. In diesen Bildern zeigt die so liebliche Kunstlandschaft, dass sie auch dämonisch sein kann und daher unbedingt noch zur Natur zu zählen ist.

Nebel auch bei Peter Frenkel, der ihn mit Spiegellungen, und bei Monika Schulz-Fieguth, die ihn in Babelsberg gerne mit rotem Laub kombiniert. Noch weiter in klassisch-schwerer Idealisierung geht nur Wilfried Müller. Seine Sonnenuntergänge sind fast zu schön, um real zu sein. Wer sich Kitsch sagen hört, klingt nicht nebulös. In ähnliche Richtung schlägt Katharina John, die in Porträts eines Geigers mit seinem Instrument die Tempi der Musik allzu gewollt personifiziert.

Es geht aber auch abgründiger. Klaus-D. Fahlbusch hat Potsdamer in einer sehr gelungenen, wandlangen Porträtleiste neben Passanten aus der Partnerstadt Jyväskylä gestellt. Zu knappe Röcke, Wohlstandswampen, Sonnenbrillen. Fein, dass dieses ungeschönte Bild sogar mit einigen sehr lustigen Postkartenmotiven Eingang in ein offizielles Buch zur Städtepartnerschaft gefunden hat. Nicht ganz harmlose „Grüße aus Potsdam“ mit einem Motiv der aufgebuddelten Stadtschlossbaustelle zeugen von künstlerischer Souveränität gegenüber den Hausherrn.

Thematisch fallen die Arbeiten von Eberhard Klöppel ziemlich aus dem Rahmen. Er hat die Köpfe der Polit-Prominenz aus dem Fernsehapparat heraus fotografiert. Müntefering, Thierse, Struck, Platzeck und die geschürzten, fett geschminkten Lippen der von der Leyen. Das Bildrauschen und die Verfremdungen, die mit diesem Prozess einhergingen, nehmen den Mächtigen ihre Aura. Was bleibt, sind flimmernde Fratzen, die einem täglich im Wohnzimmer zu nah auf die Pelle rücken. Klöppel gelingt damit ein kritisches Statement, ohne den Konsumenten zu schonen.

Künstlerisch am ergiebigsten sind die Arbeiten von Ole Peters. Das Schwarz, das vor dem Morgennebel steht, ist in ihnen vorherrschend. Zwei Personen, die sich durch Langzeitbelichtung doppeln und verwischen, drehen sich von einer Lichtfläche ab. Hier erreicht die Fotografie eine Intensität, wie sie sonst nur von der Malerei beherrscht wird. Fragmente der Glienicker Brücke tauchen in diesen Bildern auf, Lichtbrechungen durch eine Wand voller Regentropfen. Bilder, wie aus dem Film Noir.

Malerisch sind auch Manfred Kriegelsteins Wandfotografien. Sie konservieren abgewetzte Spuren, die die russische Armee in der Stadt hinterließ. Der eingekerbte, bröckelnde Putz lässt sie erscheinen wie prähistorische Höhlenmalerei. Siegfried Lachmann durchstößt auch den Nebel des Vergessens. Er fixierte in einem Langzeitprojekt die baulichen Überreste des VEB Mühlenwerke in der Speicherstadt. Die Zukunft dieser Immobilie ist durch den Nebel der zuständigen Behörde derzeit nicht klar erkennbar.

Allen Fotos der Ausstellung ist gemein, dass sie auf nicht glänzendem (allerdings hochwertigen) Schreibpapier mit einem Tintenstrahldrucker eingenebelt wurden. Das Prinzip der Gleichheit in allen Ehren, diese preiswerte Art der Präsentation bekommt gerade den Landschafts- und Architekturaufnahmen nicht allzu gut.

Zu sehen bis 5. August in der Hermann-Elflein-Str. 3.

Matthias Hassenpflug

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