Kultur: Liebesbekennen
„Ein Sommernachtstraum“ auf der Seebühne
Stand:
Was zählen 30 Minuten Wartezeit gegenüber 211 Jahren? Dass das Rahmenprogramm zur Eröffnung des neuen Theaters ein wenig verschoben werden musste, stört niemanden an der Seebühne. Länger als eine Ewigkeit hat die Stadt auf dieses Haus gewartet. Nun sitzen alle, die nicht in das betörend rot leuchtende Gebäude hinein können, weil sie nicht zu den Premierengästen gehören, draußen auf den Gras bewachsenen, zum See abfallenden Stufen. Drinnen große Kultur, hier die Ränge, die auf die grandiose Kulturlandschaft gerichtet sind.
Viele der Wartenden vor der kahlen, nackten Bühne über dem Wasser haben sich einfach umgedreht. Dieses satte Rot der Betonblüte scheint Leidenschaft zu entfachen. So viele Fotoapparate. Es wird geschaut, aufgesogen, gelacht. Drinnen die Prominenz, draußen Volkstheater für das Volk? Die Freude über diesen Ort, über das Da-Sein ist übermächtig auf den weißen Holzbänken. Beschützt unter den betonroten „Böhmblättern“ fühlt man das eigentliche Schauspiel. Ein Bauwerk erschließt eine Traumlandschaft.
Der Wind lässt auch die Schauspielschüler in ihren weißen Hemdchen frösteln. Wenn immer ein Boot vorbeifährt, klatschen Wellen an das Ufer. Alles scheint aufgekratzt, ja verzaubert. Wie die vier Liebenden und Zankenden in Shakespeares Verwirrspiel. Liebt Lysander Hermia oder Helena? Das Liebesbekenntnis der Zuschauer ist ohne Zweifel. Applaus für das Temperament auf der Bühne. In Rot im Herzen eingebrannt, die Schönheit des Ortes.
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