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Kultur: Like America

Konzert der Brandenburger Symphoniker im Nikolaisaal

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„Die amerikanische Kultur, es gibt sie wirklich!“, verkündete Clemens Goldberg beim Sonntagskonzert mit den Brandenburger Symphonikern im Nikolaisaal. Damit war wohl kaum CocaCola, MacDonald“s und Jeans gemeint. Es ging um drei Komponisten, deren wichtigste Werke gleich beim ersten Hören „amerikanisch“ genannt werden können. Leichtigkeit, Witz und Tempo prägen Leonard Bernsteins Miniaturouvertüre zu seiner Komischen Oper „Candide“, die leider viel zu selten gespielt wird. Doch anders als diese musikalisch-parodistische Version von Voltaires Satire kamen Bernsteins große New-York-Musicals beim Publikum insgesamt besser an. Ungeheuer frischen Sound versprühen schon allein die drei Tänze aus dem Musical „On the Town“ mit ihren Blue Notes, Jazz-Rhythmen und Breaks. Als eine Art moderne Suite erscheint der „Times Square“ mit Elementen aus aktueller Tanzmusik, schnellen metrischen Wechseln, gegen den Strich gebürsteten Synkopen. Locker und rhythmisch prägnant reflektierten die Brandenburger Symphoniker unter Michael Helmrath das Stocken und Hasten, Glänzen und Glitzern auf der New Yorker Theatermeile.

Dass die amerikanische Musik auch sehr besinnliche Momente beschwören kann, zeigte Aaron Coplands zweite lateinamerikanische Skizze aus der Paisaje mexicano (Mexikanische Landschaft). Eine Klarinette und eine Trompete spielen eine Melodie, die sich wie ein hohes Gewächs immer wieder aus schwebenden Klangflächen der Streicher erhebt, auch mal wie ein Schatten von ihnen aufgenommen wird, um zum Schluss in den Anfangsbläsern pianissimo zu erlöschen. Mit transparent schimmernden Klangtexturen verzauberten die Brandenburger ihre Zuhörer.

Schon lange vor seinem amerikanischen Exil verwendete Paul Hindemith moderne Elemente, auch aus dem Jazz, was zum Verbot seiner Musik unter den Nazis beigetragen hatte. Eine Synthese aus europäischer Tradition und amerikanischer Moderne stellen auch seine in Amerika entstandenen und uraufgeführten „Sinfonischen Metamorphosen“ dar. Die vierteilige Komposition zu Themen von Carl Maria von Weber wird weitgehend vom Klang der Blechbläser bestimmt. Mal ertönen sie als Fanfaren, mal tragen sie die Melodie durch den dichten Teppich des ziemlich militärisch-optimistisch klingenden „Trauermarsches“. Einzig im Andantino verstummen sie zugunsten warmer Holzbläsertöne, die sich anmutig auf weichen Streicherkissen rekeln durften.

Die Namen vieler amerikanischer Komponisten sind kaum bekannt, doch ihre Musik hat man schon oft gehört. Denn die meisten haben auch Filmmusik geschrieben, wie Morton Gould, der Komponist des weltweit einzigen Steptanz-Konzertes. Mit Andreas Dänel trat ein versierter Steptänzer mit ganz eigener Note auf. Der Violinist kultiviert weniger den Glamour als die lässige Variante. Seine metallbeschlagenen Schuhe verwandeln sich in prasselnde Schlagwerkzeuge, mit denen er die symphonischen Vorgaben strukturiert und kommentiert. Er beeindruckt mit der Bandbreite seines rhythmischen Schuhklapperns. Das geht vom funkensprühenden Fußfeuerwerk bei der Toccata bis zu leisem Trippeln und Klirren bei der „Pantomine“. Eine großartige Darbietung und ein fantastisches Konzert der Symphoniker. Babette Kaiserkern

Babette Kaiserkern

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