Kultur: Lila Frau mit Herz im Ohr
„Kunstgriff.23“: Heike Isenmann eröffnet Atelier und Zeichenschule in Potsdam-West
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„Kunstgriff.23“: Heike Isenmann eröffnet Atelier und Zeichenschule in Potsdam-West Von Antje Horn-Conrad Im gläsernen Lüster sitzt ein goldener Vogel. Zwei Federn wachsen aus einem Blumentopf und im Grün der Pflanze hängt ein Kristall, ein geschliffener Tropfen, der das Sonnenlicht fängt, bricht und in Spektralfarben aufgelöst an die weißen Wände wirft. Die Malerin Heike Isenmann kennt die Scheu vorm weißen Blatt. Darum hat sie überall im Atelier winzige „Traumfänger“ platziert, Glitzerdinge, an denen Gedanken gebrochen und in andere Richtungen gelenkt werden können. Wenn Kinder zu ihr in die Zeichenschule kommen, malen sie meist drauf los. Zwischendurch aber halten sie inne, gucken in die Luft, den Stift im Mund, bis ihnen etwas Neues einfällt. Dann ist es gut, wenn sich am Kronleuchter, auf dem Fensterbrett, im Regal etwas findet, was dort überhaupt nicht hingehört. Im Grunde ist das ganze Atelier ein Wunderding. Ein Laden mit Schaufenstern, die viel Licht herein und den suchenden Blick nach draußen auf die Ossietzkystraße lassen. Ist es warm, steht die Tür weit offen. Die geschwungene Treppe lädt zum Hereinkommen ein oder zum Schwatz im Freien. Und es gibt Tee mit Honig aus einer runden karierten Kanne. Für die Kinder, die in den Ferien vorbeischauten, wurde der Tee zum beruhigenden Ritual. Heike Isenmann und die Geschichtenerzählerin Patricia Vester hatten mit ihnen eine Woche lang gemalt, geschrieben, gekocht, gespielt und gesponnen. „Siebenschläfer“ nannten sie ihre erste Schreib- und Illustrationswerkstatt, in der sich alles um die magische Sieben drehte. Die Bilder und Geschichten von den sieben Kühen, einem siebenjährigen Igel und einer Kochfee mit sieben Fliegen hängen jetzt an der Wand als erste Ausstellung im neuen Atelier. Heike Isenmann, die viele Jahre schon im Offenen Kunstverein und in der Potsdamer Kunstschule mit Kindern arbeitete, schafft sich mit ihrem „Kunstgriff“ ein größeres Stück Selbstständigkeit. Endlich kann sie Leben und Arbeiten ineinander fließen lassen. Atelier und Galerie gehen in den Wohnraum über. Das Kind Edgar ist nie außer Reichweite. Ein Glück. Im lila T-Shirt sitzt die schmale Frau über die Milchglasscheibe des Tisches gebeugt, Pailletten auf den Schultern blitzen und runde Herzen schaukeln an den Ohren. Heike Isenmann malt sich die Zukunft aus: Ein Raum voller Kinder, nicht zu wenige, nicht zu viele. Sie will mit Farben experimentieren, Techniken erklären, aber auch genügend Zeit lassen für den freien Fluss, wenn sich das Denken vom Alltag löst und man beginnt, aus sich selbst heraus zu schöpfen. Etwas, was in jedem Alter funktioniert. So hofft sie, dass sich vormittags auch Ältere in ihren „Laden“ trauen. Mit ihnen möchte sie nach überlieferten Rezepten malen und kochen. Vielleicht entsteht am Ende ein illustriertes Kochbuch, das sie an ihre Enkel weiterreichen können. Abends wird es Kurse für Akt- und Porträtmalerei geben, Lesungen und nostalgische Dia-Nächte mit Musik. Immer sonntags können Langschläfereltern ihren Nachwuchs zum Malen und Cornflakesfrühstück ins Atelier schicken. Und wer am Kindergeburtstag nicht farblos rumsitzen will, kann im „Kunstgriff. 23“ eine kreative Party feiern. So wie heute Nachmittag, wenn das Atelier in der Carl-von-Ossietzkystraße 23 um 16 Uhr offiziell eröffnet wird. Die „Siebenschläfer“-Kinder lesen ihre Geschichten zu Musik und Pantomime von Noriko Seki und Steffen Findeisen vom Theater „Nadi“. Und wer will, kann sich im Atelier eine Maske malen, um beim abendlichen Tanz inkognito zu bleiben.
Antje Horn-Conrad
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