zum Hauptinhalt
Kann ein Riegel Sünde sein? Fragt sich Lina Lärche.

©  promo

Kultur: Lina mit „Ä“

„Hauptsache, es macht Spaß“ mit Lina Lärche

Stand:

Ob Bäume wohl singen können? Natürlich! Es heißt doch nicht umsonst: Wo eine Lerche singt, da laß dich ruhig nieder, nur böse Lerchen haben keine Lieder!“ So eine singende Lärche, zugleich eine Perle der Kleinkunst, ist die Potsdamerin Jana Haase. Sie hat braune Augen, eine richtig gute Ausstrahlung, passable Stimme, Bühnen- und Musikerfahrung. Und sie liebt Kleider, Stoffe, rein wie verrückt. Wenn sie in einen Stoffladen geht, so erzählt sie, wird ihr ganz schwach. Am Samstag aber war sie im Bauch des Restaurantschiffes „John Barnett“ als Lina Lärche zu erleben, gleich gegenüber Hans Otto, am Kai. Lina mit „Ä“.

Ihr Programm hieß „Hauptsache, es macht Spaß“, worauf die unterhaltsame Stunde zwar verbal nicht einging, wohl aber durch manche Idee, etwa Luftballons zu verteilen oder im Publikum Gläser zum Singen zu bringen – man weiß ja, unten Wasser rein, oben am Rande gedreht, da kommt ein G-Moll zustande, vielleicht. Weil das mit Stoffen und Kleidern so ist, trat sie zuerst einmal fast ohne auf. Ein weißes Drehschirmchen schützte ihre obere Blöße. Dann anziehen, einen Fantasiefummel, den sie von ihren Gästen gespendet glaubt. Nach der Pause erlebte man sie dann in einer echten Krinoline, sogar mit beleuchtbarem Reif! Da komme erst einer drauf.

Zusammen mit dem E-Pianisten Stefan Breinl, den sie am Mikro immer so herrlich anhimmelte, sang sie diese und jene Lieder. Zum Beispiel „Schau mich nicht so traurig an“ oder dass die Herzen der Frauen so unergründlich tief wie das Meer sind. Auch Selbstgemachtes war wohl dabei, schließlich muß man den Männern ja etwas bieten, „wozu sind wir Frauen sonst schön!“ Was auch geschieht: Nur nicht aus Liebe weinen. Natürlich hatten Programm und Auftritt auch ein paar Eckchen und Kanten, aber die singende Lärche – oder war es eine Nachtigall? – nahm das alles ganz locker. Sie hat ja die sympathische Unbefangenheit eines Kindes, wenn es ans Topfschlagen geht, einen Hauch Diva für die Erwachsenen. Und sie kann auch Kontrafraktur: Zuerst sang sie im schwarz abgespannten Theatereckchen des Schiffes „Kann ein Riegel Sünde sein?“, danach gab es die glanzvoll gelungene Rap-Version, zum Schluss aß sie ihn auf, den Riegel. Doch wo zog sie ihn her? Aus dem historischen Strumpfband! So ein Abend voller Spiel- und Sangesfreude könnte sogar noch für einen Groschen lakonischer sein, schließlich ist ihr Leitspruch „Lärche wie Baum“, weil sie sich darin selber wiederfinde.

Während des Programms wurde dauerhaft serviert und gegessen, vielleicht war hier „Flair de Paris“ oder gar „Flair de Marseille“ gemeint, wer weiß. Trotzdem blieb die Atmosphäre entspannt, man hat auch schön viel gelacht. „John Barnett“ will solche Kleinkunst fortan einmal monatlich anbieten, Eintritt frei, Spenden dringend erwünscht. Den zweiten Programmpunkt lieferte Gregor Wollny mit einer seltsamen Mixtur aus Clowneske und „Zauberei“. Er hat zwar so manche Qualität, aber das platte Abstrippen so vieler Nummern, kaum eine ward zu Ende gebracht, hatte eher das Niveau konzeptloser Spaßmacherei: Schnapp-Schnapp, macht der Klappstuhl – nun lacht mal darüber! Ein Tisch voll beschwingter Damen gehorchte, sonst aber wenige, da ist noch vieles zu tun. Lina Lärche indes, das botano-zoologische Wunder, bereitet ihr nächstes Programm. Vielleicht nach dem Motto: Lerchen jubilieren allein in der Luft, Lärchen halten eher Bodenkontakt. Gerold Paul

Gerold Paul

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })