Kultur: Louise Farrenc“ Musik wird in vollen Zügen genossen
Potsdamer Hofkonzerte im Schlosstheater im Neuen Palais: das Trio Thetys
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Potsdamer Hofkonzerte im Schlosstheater im Neuen Palais: das Trio Thetys Leicht hat sie es nicht zwischen Schumann und Brahms. Und doch behauptet sich Louise Farrenc bei den „Potsdamer Hofkonzerten“ ganz selbstbewusst – wie sie es schon zu Lebzeiten tat. Die Französin zählt zu den bedeutendsten Komponistinnen und Pianistinnen der Romantik. Ihre drei Sinfonien und zahlreichen Kammermusikwerke gingen im 19. Jahrhundert durch ganz Europa. Sie hat wichtige Preise bekommen und sogar eine Professur am Pariser Conservatoire. Seit einigen Jahren wird ihre Musik im großen Stil wiederentdeckt. Das Trio Thetys genießt Farrencs Musik in vollen Zügen. Hingebungsvoll widmen sich die Musiker ihrem Trio op.44 – den vorwitzigen Akzenten im Allegro marcato, dem aufgewühlten Adagio, dem frischen, fast hemdsärmeligen Menuett und dem Finale, das noch einmal alle Farbregister zieht. Freilich interessiert das Ensemble nicht nur die zündende Klangsinnlichkeit der Komposition, sondern auch die Geschlossenheit der Konstruktion und die lebendige Beziehung zur Tradition. Louise Farrenc betrachtete es als ihre Aufgabe, die Stilmittel der Wiener Klassiker in ihren eigenen Werken weiterzuentwickeln. Wie ihr Lehrer Anton Reicha setzte sie nicht auf den Kontrast zwischen zwei gegensätzlichen Themen, sondern auf zwei oder mehrere „idées mères“, beflügelnde musikalische Gedanken, die sie nach klassischen Prinzipien variierte und thematisch verarbeitete. Gern schrieb sie für originelle Besetzungen und hat so auch das spärliche Repertoire für Klarinette, Violoncello und Klavier bereichert. Die Musiker danken ihr mit einer sensiblen, mustergültigen Interpretation. Es wird auf Dauer langweilig, immer abwechselnd die beiden Meisterwerke von Beethoven und Brahms zu spielen. Deshalb gibt es nur wenige feste Ensembles in der Besetzung Klarinette, Cello und Klavier. Musiker, die sich darauf einlassen, müssen eine gehörige Portion Neugierde mitbringen, Unbekanntes erforschen. Ib Hausmann, Bruno Weinmeister und Stefan Veselka sind überzeugt davon, dass es für ihre Instrumente zwischen Zemlinsky, d''Indy, Lachenmann und Jarrell viele wichtige Werke zu erforschen gibt. Vor drei Jahren haben sie ihre gemeinsame Leidenschaft entdeckt und sich geheimnisvollerweise nach der Titanin Thetys benannt. Robert Schumanns „Fünf kanonische Studien“ zählen nicht gerade zu den Hits im Konzertleben. Sie zeugen von der Auseinandersetzung des Romantikers mit dem Altmeister Bach. Der Komponist hat sie ursprünglich für Orgel oder Pedalklavier geschrieben. Später sind sie mehrfach für unterschiedliche Besetzungen bearbeitet worden. Die drei Musiker geben sich Mühe, die strengen Strukturen mit Hilfe der unterschiedlichen Instrumentenfarben hörbar zu machen. Sie nehmen aber auch das Wort „innig", das Schumann zwei Sätzen vorangestellt hat, ernst. Neben dem lebensfrohen Werk von Farrenc wirken die Studien geradezu entrückt. Das herrliche Standardwerk zum Schluss: das Klarinettentrio von Johannes Brahms mit seiner experimentierlustigen Vitalität und herben Zigeunerromantik. Da besticht das Trio Thetys noch einmal durch seine drillingsgleiche Artikulation und die perfekte Harmonie im geistreichen Gespräch zwischen Tasten, Saiten und Klappen.Sonja Lenz
Sonja Lenz
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