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Kultur: Lust und Last der alten Liebe Elke Heidenreich und Bernd Schroeder im HOT

Die leuchtend roten Schuhe, die sie trägt, fallen sofort ins Auge, als die Autorin Elke Heidenreich am Mittwochabend die Bühne des Hans Otto Theaters in Potsdam betritt. +Aber nicht nur die Farbe ihrer Schuhe ist dominant.

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Die leuchtend roten Schuhe, die sie trägt, fallen sofort ins Auge, als die Autorin Elke Heidenreich am Mittwochabend die Bühne des Hans Otto Theaters in Potsdam betritt. +Aber nicht nur die Farbe ihrer Schuhe ist dominant. Scherzend stellt sie klar, dass ihr Begleiter Bernd Schroeder ist und fordert dann scheinbar etwas ungeduldig auch ihre Vorstellung seinerseits. Mit diesem streitlustigen Geplänkel bieten die beiden vielleicht eine kleine Kostprobe ihres zugegebenermaßen vergangenen Beziehungsalltags, der sicher stellvertretend herhalten musste für die beiden Romanfiguren Lore und Harry, denen sie mit „Alte Liebe“ ein ganzes Buch gewidmet haben. Nicht autobiografisch, aber voll des eigenen Temperaments und ihrer Art, alt zu werden, dialogisieren und monologisieren die Bibliothekarin Lore und der Pensionär Harry hier über das Alter und ihre Sorgen um die einzige Tochter Gloria, die bereits ihre dritte Ehe mit dem zu Reichtum gekommenen Unternehmer Bredow plant. Die Hochzeit, die sich wie ein roter Faden durch das Buch zieht, wird von den unglücklichen Eltern zum Anlass genommen, um gedanklich immer wieder vom Weg abzukommen und über die eigene Beziehung, den beruflichen Alltag, die alte Mutter oder andere private und gesellschaftliche Dinge zu philosophieren, zu streiten, zu lästern.

Was sich sicher ganz locker und leicht wegliest, bekommt auf der Bühne im ausverkauften Hans-Otto-Theater vorgetragen noch einmal eine viel frischere Note. Lebendig und schwungvoll interpretierten sie ihren eigenen Text und gaben Anlass zu viel Gelächter und spontanem Beifall. Die Dialoge gelangen so überzeugend, das man an Spontanität glauben wollte. Und auch wenn die kleinen Gedankenskizzen über dicke, unmotivierte Kinder, ständiges Verletzen der Privatsphäre durch laute Handygespräche in der Öffentlichkeit oder die staatliche Subventionierung maroder Unternehmen etwas zu plakativ wirkten, so gaben die kleinen privaten Eigenheiten des langjährigen Ehepaares doch immer wieder Anlass, sich selbst zu entdecken in den eingefahrenen Verhaltensmustern von Lore und Harry. Wer erwischt sich nicht selbst mal bei einer kleinen Schwärmerei oder dem Gedanken, dass das Gegenüber doch einfach unmöglich ist. Und ist dann froh, wenn das Paar da im Buch sich immer wieder auch die eigene Liebe erklärt.

Und so verlässt nach der eineinhalbstündigen Lesung ein in alle Denkrichtungen angeregtes Publikum den Saal und stürmt den aufgebauten Büchertisch, um sich dringend diesen unterhaltsamen Schlagabtausch eines Ehepaares zuzulegen und gleich vom Autorenpaar signieren zu lassen. Andrea Schneider

Andrea Schneider

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