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Kultur: Lust und Zwist

Pfingstbergfest II: „Bastien und Bastienne“

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Im Hause des frühreifen Wolf Amadé muss es wohl oftmals Spiegelei gegeben haben. In seinem Gruß an das „hochverehrte, durchlauchteste Publikum“ anlässlich der Aufführung des Singspiels „Bastien und Bastienne“ beschrieb er Lust und Zwist der beiden so: zwei Leute, „die sich ganz doll liebhaben und ganz doll streiten, wie meine Eltern“. Vielleicht war kein Zauberer Colas im Spiel, wenn sie sich wieder versöhnten, jedenfalls machte die Mutter danach immer Spiegelei. Mit jenem delikaten Detail, vorgetragen von einem Mädchen gleichen Alters wie Mozart, als er den Einakter elfjährig schrieb, begann auf dem Pfingstberg die wahrlich Liebhaberaufführung zu nennende Darstellung dieses Frühwerks durch das „Kammerorchester Unter den Linden“.

Der feuchtkühle Juni-Mond verhinderte zwar regeren Besuch auf der Wiese vor dem Belvedere, aber das jährliche Fest des Pfingstberg e.V. fand dergestalt trotzdem statt. Andreas Peer Kähler hatte für Tourneezwecke eine Kammerbesetzung für historische Instrumente zusammengestellt, Streichquintett, zwei Hörner, zwei Oboen, auch die szenische Einrichtung (Anemone Poland) folgte ohne Kostüm und Kulisse demselben Zweck. Die Schäferin Bastienne (Natali Buck) trug einen schlichten Rock, darüber Rot, ihr abtrünniger Galan Bastien (Ralph Eschrig) fast Konfektion von der Stange, jener, den man trotz seiner Liebesmagie „Zauberer“ nur ungern nannte, erschien in Leinen, roten Socken und Sandalen.

Man bevorzugte szenisches Spiel in teils weiten Arrangements auf leerer Bühne. Dank voller, wohlklingender Stimmen, denen der kühle Abend offenbar nichts anhaben konnte, ging das auch. Mochte nun die Feinabstimmung des Orchesters in Einsatz und Tempi auch nicht in jedem Takt funktionieren, so war die musikalische Seite doch auf Stringenz und Dynamik angelegt. Die szenische Einrichtung mochte sich allerdings zwischen kindlicher Naivität und einer für erwachsene Sinne bestimmten Auslegung nicht entscheiden, Polands eher bescheidene Regie zeigte beiderlei Züge. Vor allem der Anteil Colas“ (Björn Struck) an der Wiedervereinigung des jungen Paares, gefährdet durch eine ferne Dame bei Hofe, kam nicht so gut über die Rampe. Obwohl er der Spielmacher ist, wurde der zauberhafte Bassist meist untätig in die letzte Ecke des Theaterzeltes verbannt. Gerold Paul

Gerold Paul

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