Kultur: Luxuriöse Geschenke aus Glas
In „Königliche Visionen“: das Goldrubinglas von Johann Kunckel und der Potsdamer Glashütte
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In „Königliche Visionen“: das Goldrubinglas von Johann Kunckel und der Potsdamer Glashütte Das Potsdam-Museum veranstaltet gegenwärtig im Haus der Brandenburgisch-preußischen Geschichte die Ausstellung „Königliche Visionen – Potsdam, eine Stadt in der Mitte Europas“. Dazu veröffentlichen wir eine Folge von Beiträgen, die herausragende Exponate beschreiben: Heute das Goldrubinglas. Dies ist also das Goldrubinglas, das seinen Erfinder Johann Kunckel und die Potsdamer Glashütte Ende des 17. Jahrhunderts so berühmt machte. Auf den ersten Blick wirken der kleine Pokal und der Henkelkrug mit ihren dicken Wandungen nicht gerade wie die Vollendung der Glasbläserkunst. Doch kaum steht man in der Ausstellung „Königliche Visionen“, die derzeit im Kutschstall am Neuen Markt beheimatet ist, vor dem Porträt Friedrich Wilhelms, des Großen Kurfürsten, sieht man bereits diese beiden Gläser am Ende des Raumes glutrot funkeln. Selbst in Zeiten grellbunter Neonfarben haben diese Gläser nichts von ihrer Faszination eingebüßt. Auch der Große Kurfürst erlag ihrem feurigen Glanz. Er holte den Chemiker und Glasmacher Johann Kunckel 1678 an den Hakendamm, in seine neue Residenz Potsdam. Kunckel produzierte dort „neben dem schoensten Cristall allerhand rare gläser", wie Friedrich Wilhelm in dem Gründungspatent der Glashütte stolz verkündete. Die Politik des Großen Kurfürsten war vor allem dadurch bestimmt, die im Dreißigjährigen Krieg verwüstete Mark Brandenburg wirtschaftlich auf die Füße zu stellen. Diese Aufbaubemühungen fanden in Potsdam ihren lebendigsten Ausdruck. Binnen weniger Jahrzehnte mauserte sich der Ort von einem unbedeutenden Marktflecken zu einer kurfürstlichen Residenz, mit Kunckels Goldrubinglas als Aushängeschild. Vom Nachfolger des Großen Kurfürsten, seinem Sohn Friedrich I., war Kunckel weniger Anerkennung beschieden. In dessen Augen war der Glasmacher ein Betrüger, daher ließ er ihn ins Gefängnis werfen. Kunckels Ruhm tat dies jedoch keinen Abbruch. Nach seiner Freilassung ging er nach Schweden, wo er in den Adelsstand erhoben wurde. Was die Potsdamer Goldrubingläser anbelangt, überdauerten sie die Geringschätzung Friedrich I. Dies beweisen gerade die ausgestellten wuchtigen Gläser. Denn es waren Probestücke, die als Restbestände sorgsam gehütet und gut Hundert Jahre später mit Gravuren versehen als Staatsgeschenke figurierten. Was kann den Wert und die Achtung der Potsdamer Glaskunst mehr unter Beweis stellen als der Umstand, dass selbst Versuchsstücke aufbewahrt wurden und so kostbares Ausgangsmaterial für luxuriöse Geschenke hergaben. Silke Kamp „Königliche Visionen. Potsdam eine Stadt in der Mitte Europas", Ausstellung des Potsdam-Museums im Kutschstall am Neuen Markt bis 28. März 2004, Dienstag bis Sonntag, 10 bis 18, Mittwoch bis 20 Uhr; Eintritt 5 Euro, ermäßigt 3 Euro, Mittwoch 18 bis 20 Uhr 50 Prozent Ermäßigung; Führungen Mittwoch, Samstag, Sonntag 14 Uhr oder auf Anfrage; Katalog; Telefon: 0331-289 6803 oder 0331-200 56 355 Fax: 0331-289 6808; Email: PotsdamMuseum-Europaprojekt@t-online.de
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