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Kultur: Lyrik für das Jahr

Das Literatur-Kollegium mit bewährtem Kalendarium

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Das Literatur-Kollegium mit bewährtem Kalendarium Ins vierte Jahr geht nun schon das Projekt „Lyrikkalender“. Zwölf jüngere und ältere Autoren aus Potsdam und Umgebung haben ihren Beitrag geleistet und mehr oder weniger überzeugende Verse beigesteuert. Das Format, etwa 50 Zentimeter hoch und über 20 Zentimeter breit, ist gleich geblieben. Genauso wie die Illustrationen von Antje Radzimanowski, die schon den Lyrikkalender 2003 bebilderte. Nur die Auflage ist auf 800 gestiegen. Wie jedes Jahr gibt es ein kleines Vorwort, was hier „Zum Geleit“ genannt wird. Philosophisches zur Ewigkeit, Goethe und Schopenhauer, all das passt in 27 Zeilen. Dazu dann noch die Feststellung, dass Zeit neuerdings objektiv sei. Schriftsteller sind da manchmal etwas eigen, aber davon sollte man sich nicht schrecken lassen. Denn der Lyrikkalender 2004 hat neben diesem dick auftragenden Geleit doch so manches zu bieten. Lyrik für jeweils einen Monat, abwechslungsreich zwischen jungen Liebesgedichten und paarreimender Altersweisheit. Manches bleibt dabei nur dünne Wortsuppe, allzu platte Verse, die ihr Monatsdasein kaum beachtet verbringen werden. Anderes dagegen wird länger wirken. Einige Gedichte, wie „Ich hab den Plural entdeckt“ von Christine Anlauff oder „Portrait einer Frau“ von Christa Kozik, können immer wieder gelesen werden, ohne dass sie ihren Reiz verlieren. Andere, wie Catherine Wellys „Perlenfischerin“ dagegen brauchen Zeit, wehren sich dem schnellen Zugang gelegentlich mit gekonnter Sperrigkeit. Was die Herren der Schöpfung zum neuen „Machwerk“ beitragen, ausgenommen „Kindheit“ von Egbert Lipowski, kann ruhig unter der Rubrik „belanglos“ abgelegt werden. Aber so ist das mit Lyrik. Entweder man nimmt sie mit oder lässt sie achtlos liegen. Die Kürze kann ein Gedicht groß machen. Sie kann sich aber auch gnadenlos gegen das Geschriebene wenden. Dann sind da noch die Illustrationen von Antje Radzimanowski. Farblich etwas dezenter als im Lyrikkalender 2003, ist sie sich ansonsten treu geblieben. Wo in einem Gedicht die Rede von einem Besen ist, zeichnet sie einen Besen. Wird woanders ein Berg und ein Geiger erwähnt, ist klar, was im dazugehörigen Bild zu sehen ist. Das wirkt oft sehr störend, denn sie nimmt dem Leser damit die eigenen Vorstellungen. Weniger illustrierend, mehr erklärend kommen ihre Bilder daher, in die die Gedichte oftmals etwas unglücklich eingepasst wurden. Der Lyrikkalender 2004 greift auf ein bewährtes Konzept zurück und wird dadurch sein Publikum finden. Für die eventuell fünfte Auflage 2005 wünscht man sich aber doch etwas Neues, Überraschendes. Vor allem was die Gestaltung betrifft. Ansonsten könnte das Projekt Lyrikkalender über das nicht zu unterschätzende Steinchen Langeweile stolpern. Dirk Becker

Dirk Becker

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