Kultur: Magisch
Finale des Orgelsommers mit Kilian Nauhaus
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Die Konzerte des internationalen Orgelsommers hätten „auf hohem künstlerischen Niveau und mit steigenden Zuhörerzahlen“ stattgefunden, freute sich Mitorganisator und Erlöserkirchen-Organist Friedrich Meinel über den Erfolg des inzwischen 20-jährigen Festivals zu Ehren der „Königin der Instrumente“. Das Saisonfinale bestritt der Berliner Kirchenmusiker Kilian Nauhaus, der die Schuke-Orgel im Gotteshaus an der Nansenstraße in herrlichstem Glanze erstrahlen ließ. Und zwar in der ganzen Bandbreite barocker, romantischer und neutönerischer Klänge. Dass er auch ein sachkundiger Bearbeiter überlieferten Notenmaterials ist, bewies er bei der aparten Einrichtung des Händelschen Orgelkonzerts B-Dur op.4 Nr.2 für Orgel solo. Voluminös erklang die orchestrale Einleitung, während er für die Solostimme ein prägnantes Prinzipalregister in hoher Lage bevorzugte. Durch den Mix aus einem zweiten Manual und dem Pedal erzielte er den erforderlichen konzertierenden Eindruck. Herrlich, dieser saubere, klare Klang des Instruments. Überraschend, als er das kurze Adagio mit Zungenstimmen des Schwellwerks stimmungsvoll kontrastierte. Ein noch größeres Hörerlebnis hatte, wer das Original kannte und es gedanklich mit dem hier Gespielten „abgleichen“ konnte.
Von unbändiger Registrierungslust erfüllt zeigte sich Nauhaus in „Vierzehn Variationen über das geistliche Lied ‚Jesu, du bist allzu schön’“ von Georg Böhm. Deren pastorale Stimmungen erschienen stets in facettenreichem Farbenspiel: celestaartig wie eine Spieluhr, regentröpfelnd, schnarrend und trompetenstrahlend, auch quäkend. Durchdringende und gedeckte Stimmen wechselten auf die vergnüglichste Weise. Dem folgte mit Bachs Fantasie g-Moll BWV 542 der schier überrumpelnde Klangkontrast: durchdringend und scharf getönt, strukturklar, ausladend in majestätischer Erhabenheit und im vollen Orgelwerk gespielt. So rauschte dieser erste Teil eines Doppelpacks vorüber. Die dazugehörige Fuge stammte allerdings nicht von Bach, sondern von Schumann, der mit ihr eine stille, langsam anschwellende, in freudige Erregung mündende Betrachtung über des Meisters Namen anstellte. Eine passende, sich ganz im weichen, romantischen Sound verströmende Ergänzung.
Dieser originellen Kopplung folgte das von magischer Klangsinnlichkeit erfüllte Gegenstück „Le jardin suspendu“ des Franzosen Jehan Alain (1911-1940). In diesen „hängenden Gärten“ erblickte der Frühvollendete „eine unzerstörbare Zufluchtsstätte, ein Land der Heiterkeit und des Friedens“. Diese idealistischen Visionen beflügelten Kilian Nauhaus, dem schwellbaren Hinterwerk der Orgel geheimnisvolle Klänge in höchsten Diskantlagen zu entlocken, ätherische Wirkungen inklusive. Ein weiteres Variationenwerk lieferte Marcel Dupré mit seinen zehn „Variations sur un Noël“ dem Organisten an die Hand. Was ganz harmlos anfing, ging spieltechnisch fast an die Grenzen des Machbaren. Farbe, Tempo und Harmonik verwandelten sich unaufhörlich, suggerierten einen frivolen Elfentanz oder skurrilen Stolpertanz. Kilian Nauhaus bewältigte alles bestens.
Wer zufälligerweise um die 7500 Euro übrig habe, so Matthias Jacob beim vorletzten Konzert in der Friedenskirche an die Hörer, fände in ihm einen dankbaren Entgegennehmer. Für die Zukunft des Orgelsommers, denn die bisherige Unterstützung des Landes in Höhe von 5000 Euro werde gestrichen. Wie will sich die Politik dann noch im Glanze des kleinen, aber feinen Festes sonnen?! Peter Buske
Peter Buske
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