Kultur: Mann oh Mann!
Leipziger „akademixer“ bei der Kabarett-Woche
Stand:
Drei Hochstühle und ein Klavier genügten den drei „akademixern“, um ihren Teil zur diesjährigen Kabarett-Woche im Obelisk abzuliefern. Als ultimatives Gegenstück zu dem seit 1998 präsentierten Programm „Weiber (P 16)“ machten es sich Christian Becher, Peter Treuner, und Ralf Bärwolf zur Aufgabe, den ohnehin in diesen Zeiten arg geschröpften Herren der Schöpfung einen alternativen Mutmacher zu servieren – „Männer (P 16)“ eben. Freilich waren am Mittwoch mehr Frauen im fast ausverkauften Haus zu Gast. Trotz ausdrücklicher Warnung ließen sie sich auch nicht vertreiben und bekamen also viel Fett ab, bis man aus zarten Kehlen „buh!“ und andere Empörung hörte. Letztlich aber war der Mann an sich im Fazit wieder der Blamierte: „Wenn alle Männer Mädchen wären, wär“ diese Welt perfekt“. Verräter!
„Warum kann eine Frau nicht so sein wie ein Mann“, seufzte das Trio mit Jay Lerner und Jörg Leistner am Piano. Ja warum? Weil sie so fremd und anders sind und wirklich nicht zu ihm passen. Aber ein Programm für Männer ganz ohne Frauen geht auch nicht, was bliebe dann? Als rohe Geschöpfe können sie ja nicht einmal die „Zivilisation“ eines nett eingerichteten Wohnzimmers ertragen, sie leben ihre Träume im Hobbykeller aus und denken beim Sex eher an den Stammtisch. Frauen müssen halt sein, sonst geht gar nichts. Recht geraten! Sie waren es auch, die den Dreien da oben am heftigsten applaudierten. Mit Unterstützung von Ringelnatz, Tucholsky und Kreisler hatten die Erfinder dieses Programms nun eine Menge Stoff über die Phänomenologie der Geschlechter zusammengetragen, doch blieb alles Politische außen vor. Ja, regieren denn da Neutros und Neutrinos in Berlin, oder wollten es sich die kargen Leipziger nur ein wenig gemütlich machen, bei so einem Thema? Mann oh Mann! In menschlich-soziologischen Kategorien erfuhr man, was jeder längst weiß: Wie Sie angemacht und verführt wird, wie man „einen gefälschten Orgasmus erkennt“, wie Mann respektive Frau „glücklich“ zu machen und ob das „Mütterlein“ nicht doch das beste Weib auf Erden sei. Dies schon, aber in dem zarten Song mit Peter Treuner mutierte es zu einer Kriminellen, die dem Sohn das Einbrechen lehrt. Nichts Neues also, höchstens die Spots mit den „kleinen Dicken“: „Wie anders steigt doch die Lerche in den Himmel – wie anders eine dicke Frau“. Na ja.
Obwohl es dem Ensemble nur „um das Gute“ ging, war die Präsentation (Regie mag man nicht sagen) höchst miserabel. Ein paar leichte Spielszenen und Songs, etwas Lyrik, sonst stieg man fast ständig von Hocker zu Hocker. Ein fast rasanter Beginn, ein höchst müder und langweiliger Mittelteil, mehr Leben beim Finale. Schneckentempo schien hier Mannesart zu sein. Wo blieb das Leipziger Feuer, wo die Freude am Spiel? Und überhaupt, was sollten diese Ketten-Bonmots ohne Ende – Frauen denken eher mit dem Herzen, Männer mit ihren Gehirnen, er nähert sich dem Spiegel aus Eitelkeit, sie aus Tapferkeit, nur bla-bla-bla (das war gut gemacht) beim kollektiven Klo-Besuch der Damen. Ein bisschen mehr „dahinter“ hätte man von diesen gestandenen Akademikern erwarten dürfen.Gerold Paul
Gerold Paul
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