Wie auf einer Wendeltreppe tänzelt seine Stimme von ganz oben nach unten und wieder hinauf. Ganz warm, ohne jeden artifiziellen Schnickschnack. Die anderen folgen ihm, Marcus Rust an der Trompete, Clemens Pötzsch am Klavier und Demian Kappenstein am Schlagzeug. Das sind seine „wunderbaren Drei“, wie Rabih Lahoud seine Band Masaa vorstellt. Das erste Lied, das gesteht er gleich am Anfang, haben ihm die Jungs zur Hochzeit geschrieben. Er selbst, der Kopf der Band, hat nur den Text dazu geliefert. „Ich habe versucht, die Gefühle meiner Frau in Worte zu fassen – damit ich dann auf öffentlichen Bühnen davon singe“, sagt er und grinst. Schlimm fügt er noch hinzu, sei das nicht, wer von den Zuhörern im Nikolaisaal spreche denn schon Arabisch?
Dort spielten Lahoud und Masaa am Freitagabend in der Reihe „The Voice in Concert“. Und Lahoud hat eine fantastische Stimme, die ganz mühelos klassischen Jazz mit der klassischen Musik seiner Heimat, dem Libanon, verbindet. Mittlerweile lebt er in Köln, Scheichs und Haremsdamen, scherzt er, hat er erst beim Karneval kennengelernt. Auch so eine komische Tradition: „Ich weiß nie, wann das anfängt und wann es aufhört – die Stimmung ist doch das ganze Jahr über dieselbe.“ An Weltmusik mit der typisch-klebrigen Patina von Exotismus und Ethno-Chic hat das, was er und Masaa machen, nichts zu tun – was an der fundierten Ausbildung Lahouds liegen mag. Oder daran, dass er „die arabische Musik nie gemocht“ hat. Der Soundtrack seiner Kindheit war Beethovens 5. Sinfonie. Trotzdem fing der 32-Jährige ein Studium am National-Konservatorium in Beirut an – das ihm aber schnell zu konservativ war. Mit 18 Jahren kam er nach Deutschland, um den Jazz singen zu lernen. Gefördert wurde er dabei – exotisch genug – von der Richard-Wagner-Stiftung.
Heute singt Lahoud vor allem auf Arabisch, dabei „befreit sich irgendetwas in mir“, sagt er. Dass es in seinen Texten poetisch zugeht, verstehen die Zuhörer auch ohne Arabisch-Kenntnisse. Dazu müsste er bei den Stück „Mira“ etwa, das so viel bedeutet wie Prinzessin, gar nicht extra erklären, wovon es handelt. Von einem kleinen Mädchen und der Zartheit und Verletzlichkeit des Lebens. So zart bearbeitet Demian Kappenstein sein Instrument mit Besen, tupft, streichelt, massiert die Felle. Holt einen ganz hölzernen, satten Klang aus ihm heraus, dann wieder trommelt er ganz leicht mit den Fingerspitzen – nur um beim nächsten Stück um so heftiger loszudreschen. Eigentlich spielt er sein Instrument nicht, er bewegt sich eher wie eine Raubkatze durch es hindurch. Lahouds Stimme greift jede Vibration der Percussion auf, lässt sich vom Rhythmus antreiben und bleibt doch melodisch. So viel Show konnten Marcus Rust und Clemens Pötzsch nicht bieten, obwohl alle vier ein Talent zum Unterhalten haben: Weil der Abend zugleich ein Release-Konzert für das zweite Album der Band, „Afkar“, war, inszenierten sie zwischendurch noch eine kleine Enthüllungsperformance. Ariane Lemme
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