Kultur: Märchenhaft
Premiere: „Der Teufel mit den drei goldenen Haaren“
Stand:
Langsam schiebt sich das kleine Boot über den Fluss. Ein Fährmann, in einem dunklen Umhang gehüllt, kämpft mit langen, kräftigen Zügen gegen die Strömung. Dichte Nebelschwaden schieben sich langsam über den Boden und verwandeln den Saal in eine düstere Märchenwelt. Am gestrigen Donnerstag feierte im Hans Otto Theater „Der Teufel mit den drei goldenen Haaren“ Premiere.
Es ist ein Märchen, wie es typischer kaum sein könnte. Von einer schicksalshaften Weissagung dazu auserkoren, die Prinzessin zu heiraten, muss der Held nicht nur den Intrigen des Königs entkommen, sondern die Prüfung bestehen, dem Teufel drei goldene Haare zu stehlen. Hans (Florian Lenz), als Held in rot-schwarz kariertem Baumwollhemd und einfacher Jeans, ist unschwer als Klischee eines Waldarbeiters zu erkennen. Auf seinem Weg in die Hauptstadt, auf dem sich der hohe, mit etwaigen Geheimtüren und Wandlungsmöglichkeiten ausgestattete Turm des Bühnenbildes (Ulrich Asch) mit einer halben Drehung zu einem Höhlenversteck verwandelt, trifft Hans auf dessen räuberische Bewohner. Mit einem kleinen Täuschungsmanöver, bei dem der Brief, der seinen sicheren Tod bedeutet hätte, mit einem anderen, der Hans als neuen König vorsieht, vertauscht wird. Eine halbe Drehung weiter führt Hans direkt in die Hauptstadt und in die zunächst alles andere als offenen Arme seiner königlichen Braut. Alexandra Saldow überzeugte vor allem in dieser Szene mit ausdrucksstarker Mimik und Körpersprache, so sorgten auch ihre weiteren Auftritte für Glanz auf der Bühne. Doch nicht allen gelang es, so überzeugend zwischen den verschiedenen Rollen hin und her zu springen. So stellte das Vorhaben, dieses Märchen nur mit fünf Schauspielern auf die Bühne zu bringen, eine nicht so leicht zu nehmende Hürde dar.
Das sich unablässig drehende Bühnenbild sorgte nicht selten für ein leichtes Schwindelgefühl, machte jedoch den Weg, den der junge Held hinter sich bringen musste, für die Kinder nur allzu deutlich. War die Gemächlichkeit mit der die Erzählung voranschritt, leider dem besseren Verständnis für das doch sehr junge Publikum geschuldet, kamen vor allem die älteren Zuschauer im Wohnzimmer des Teufels auf ihre Kosten. Das Verschwinden des auf Ameisengröße geschrumpften Helden im üppigen Dekolleté der Großmutter des Teufels (Franziska Hayner) und ein vom Himmel herabsinkender Teufel (Pier Niemann), der mit seinem Gekreische und den harten Musikbeats die Ohren strapazierte, erzeugten so manchen herzhaften Lacher.
Trotz eines zauberhaften Happy Ends, bei dem der Held natürlich seine Prinzessin und ein ganzes Königreich dazubekommt, ist „Der Teufel mit den drei goldenen Haaren“ nicht unbedingt die süßliche Märchengeschichte, die zu erwarten gewesen wäre. Aber gerade die vielen düsteren Szenen, bei denen mit wenig Beleuchtung große Wirkung erzeugt wurde, fesselten die Jüngsten im Publikum. Eine Inszenierung unter der Regie von Stephan Beer, die durch das Bühnenbild und die Kostüme zwar durchaus modern wirkte, durch den Sprachgebrauch wiederum an längst vergangene Zeiten von Königen und Prinzessinnen erinnerte. So war der Zuschauer zwischen den Zeiten in einer mal etwas anderen, auf eine ganz besondere Art und Weise faszinierende Märchenwelt gefangen. Chantal Willers
Wieder am Sonntag, um 15 Uhr, im Hans Otto Theater, Schiffbauergasse. Weitere Termin unter
www.hansottotheater.de
Chantal Willers
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