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Kultur: Mäuseherden, die durchs Gebläse wuseln Franz Danksagmüller beim Orgelsommer

Nach dem swingenden Start in die 25. Saison des Potsdamer Orgelsommers vor einer Woche in der Friedenskirche geht es bei den restlichen Konzerten des Festivals wieder althergebrachter zu.

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Nach dem swingenden Start in die 25. Saison des Potsdamer Orgelsommers vor einer Woche in der Friedenskirche geht es bei den restlichen Konzerten des Festivals wieder althergebrachter zu. Am vergangenen Mittwoch ist die Erlöserkirche das Ziel all derjenigen Wissbegierigen, die dem 1969 geborenen Franz Danksagmüller – professoraler österreichischer Konzertorganist und Improvisator – lauschen wollen.

Auf dem Programm stehen nicht Bach und dessen Zeitgenossen oder die unvermeidlichen deutschen Romantiker, sondern ausschließlich barocke bis moderne französische Komponisten. Im Mittelpunkt der Zusammenstellung steht mit „Grande pièce symphonique op. 17“ ein Werk von César Franck, bedeutendster Orgelkomponist der französischen Musik des 19. Jahrhunderts, der auch das Orgelspiel in seinem Land zu ungeahnter Blüte gebracht hat. Anlässlich seines 125. Todestages wird daher in fast jedem Orgelsommer-Konzert ein Werk von ihm erklingen. Zu sehen gibt es diesmal nichts: kein Mienenspiel, keine Aktionen von Füßen und Händen auf dem Bildschirm. Stattdessen ist ab sofort nur noch orgelsommerliches Hören angesagt. Was der Name verspricht, löst das „Opus 17“ auch ein: ein sinfonisch angelegtes Orgelstück, das nach überaus farbenreicher, emotionsgeladener Wiedergabe verlangt. Dafür ist fantasievolle Registrierungskunst nötig, über die Franz Danksagmüller verfügt. Den Anfang, ein Andante serioso mit seinem Wechsel von tiefer und hoher Lage, hüllt er in einen Klang der Fülle und des Wohllauts. Das markante Thema erscheint in den verschiedenen Stimmen, zieht sich durch alle vier Sätze hindurch.

Auf der Palette der Registerfarben bevorzugt der Organist die klaren, kräftig strahlenden und hell leuchtenden, ohne auf die verhangenen zu verzichten. Er erzeugt hübsche Echowirkungen, weiß mit dem Tremulanten schwebende Innigkeit zu erschaffen oder mit dem Pedal für Unruhe, Bedrohlichkeit und Attacke zu sorgen. Fürs Finale setzt er ganz auf die durchdringende Schärfe der Prinzipalstimmen. Sehr durchdacht und effektvoll das Ganze.

Nicht weniger originell des Organisten Improvisation über die gegenwärtig höchst kontrastreiche Wetterlage, aus der Gewitter und Sturm nicht wegzudenken sind. Da raschelt es im Pedal, als ob eine Mäuseherde fluchtartig durchs Gebläse wuselt. Dann rauscht der Wind, quaken Frösche, zieht das Unwetter herauf. Wer dabei an Beethovens entsprechende Szene aus seiner „Pastorale“-Sinfonie denkt, denkt richtig. Die entfesselten Elemente ziehen langsam ab, dankbare Gefühle breiten sich aus.

Nicht weniger erinnerungswert sind drei Stücke aus dem „Premiere Livre d’orgue“ von Louis Marchand, die in schlichter Klarheit erklingen. Um dem „Trio“ einen gläsernen Klang zu geben, verwendet der Organist einen Registermix aus Terz und Quinte in hoher Lage. Fast kriegerisch und fanfarenschmetternd gelingt „Basse de trompette“, während „Quatuor“ regelrecht zerbrechlich wirkt. Von solchen Farbspielen leben auch zwei Meditationen aus dem „Livre du Saint Sacrement“ von Olivier Messiaen, die der Orgelstunde Anfang und Ende bilden: Besinnlich das Gebet zur Kommunion, freudeaufrauschend das sich exzessiv in die Höhe schraubende „Halleluja“-Finale mit seinen Clustern. Peter Buske

Peter Buske

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