Kultur: Max Herre intim
Hip Hop live in den Radio Fritz-Studios
Stand:
Hip Hop live in den Radio Fritz-Studios „Maximi Maxima Maximax ist da!“ dröhnte es 1997 aus den Lautsprechern Hip Hop infizierter Jugendlicher. Der Titel des ersten Freundeskreis-Albums war bezeichnend, denn sie schafften sie wirklich, die „Quadratur des Kreises“. Mit sanfter Erzählstimme hatte Frontrapper Maximilian die Stuttgarter Formation in die 1. Liga des deutschen Hip Hops katapultiert. Diese Liga quasi erst gegründet. Jetzt also das Comeback des smarten Storytellers. Das schlicht „Max Herre“ betitelte Solo-Debut erscheint just am Tag des Konzertes, so dass einige der knapp über 50 glücklichen Fritz-Gewinner, die Scheibe schon intus haben. Vorschusslorbeeren für das Album gab es genug, jetzt gilt es die Live-Tauglichkeit zu testen. „Für die Leute an den Radiogeräten und die 130 Millionen Zuschauer in den Fritz-Studios: Max Herre live!", kündigt Fritz-Moderator Stephan Michme euphorisch an. Mit frenetischem Beifall wird der Schwabe mit seiner sechsköpfigen Band in Empfang genommen. Unter den ersten Songs vom neuen Album auch seine aktuelle Single „1ste Liebe“. Zusammen mit seiner Frau Joy Denalane singt der Wahl-Berliner seine Hymne auf die Heimatstadt Stuttgart. Erinnerungen werden wach. „Mit dir“ schmachteten die zwei zusammen vor fünf Jahren auf Heavy Rotation. Im Publikum wird jubelnd zugestimmt und mitgesungen, als es im Refrain heißt: „Schön, dass du wieder da bist, wir ham uns lang nicht mehr gesehn“. Auch vor Vergleichen mit Titeln der Vergangenheit schreckt Herre nicht zurück. Nachdem er mit dem „King vom Prenzlauer Berg“ abgerechnet hat, ist bei „Esperanto“ wieder die Textsicherheit des Publikums gefragt. Und die ist vorhanden. Mit „Anna 04“ erfährt der vergoldete Single-Hit „A.N.N.A.“ von 1996 seine Fortsetzung. Natürlich ohne Happy End. Herre merkt man den Spaß am Livespielen an. Munter quasselt er bei „Sei tu“ italienisch, flirtet mit Schlafzimmer-Blick und widmet einem Mädchen in der zweiten Reihe gleich eine ganze Strophe von „Wie du bist“. Wie ein musikalisches Patchwork tangiert Herre und seine Band dabei so ziemlich jeden Musikstil. Sein Poser-Track „Zu elektrisch“ disst sich rockender Weise durch die (natürlich nicht ernstahft vorhandene) Konkurrenz. Derweil im hinteren Teil des Zuschauerraumes: Joy Denalane hat mit ihren High-Heels einen Hocker bestiegen und führt von dort aus ihren eigenen Back-ground-Chor an. Mit „Jerusalem“ beweist Herre, dass er trotz größtenteils emotional geprägten Texten auf dem Album, auch politisch noch einiges zu sagen hat. „Es ist vorbei. Bye bye!“, verabschiedet sich Herre mit dem Song „Du weißt“, nicht nur textlich, sondern auch stimmlich an Rio Reiser angelehnt. Seine Fans fordern mehr und bekommen Herre-Nachschlag. Nachdenklich, nur mit Gitarrenbegleitung werden bei „Alter Weg“ (Text von Jan Plewka) seine Singer-/ Songwriter-Qualitäten offenbar. Alte Besen kehren gut, also holt er zum Abschluss des 75-minütigen Sets noch den alten Reiser-Klassiker „Halt dich an deiner Liebe fest“ aus dem Freundeskreis-Sack. Mit Reggae-Katalysator und der stimmgewaltigen Denalane-Fraktion im Rücken ist das Publikum schnell überzeugt. Im Chor wird die Rückkehr des verlorenen Sohnes Max Herre gefeiert. Christoph Henkel
Christoph Henkel
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