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Kultur: Mediterran

St. Peter und Paul: Konzert mit Andreas Zacher

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Bei den täglichen Kammerkonzerten übernimmt Leopold, regierender Fürst von Anhalt-Köthen, die Gambe – wenn er nicht gerade Bass singt oder am Cembalo Continuo spielt. Das Schloss beherbergt eine üppige Instrumentensammlung. Kurzum: ein Musenhof, geführt von einem Musensohn. Johann Sebastian Bach ist dort von 1717 bis 1723 als Hofkapellmeister angestellt. Aufwendigem Kirchendienst als Organist entbunden, besteht seine einzige Aufgabe darin, die Hofkapelle des Fürsten zu leiten und mit Kompositionen zu versorgen. Für die Orgel entsteht in dieser Zeit nicht viel. Das wenige stellte Andreas Zacher, Organist an der Propsteikirche St. Peter und Paul, zu einem wohlfeilen Programm innerhalb seiner (Reise-)Reihe Bachscher Orgelwerke zusammen, die – nach Weimar – nun in Köthen Station machte.

Da dort hauptsächlich kammermusikalisches Tun angesagt ist, orientiert sich Andreas Zacher bei seiner Registrierung daran. Das sorgt immer wieder für reizvolle Wirkungen. Der Toccata und Fuge F-Dur BWV 540 verleiht er einen geradezu beschwingten Auftakt – im vollen Orgelwerk. Doch durch seinen virtuosen Zugriff scheint es nachgerade ein fantasiereiches Schweifen im festlichen Gepränge zu sein. Der ruhigeren Fuge folgt eine bewegtere, die ihr Thema im Diskant ausbreitet, vom Organisten ausnahmslos mit mediterraner Leichtigkeit ausgeführt. Dass er gleichwohl ein fantasievoller Registrierer ist, beweist er im d-Moll-Trio BWV 583, dem er mit dem näselnden Krummhorn und der durchdringenden Sesquialtera eine farbenreiche Zungenstimmenmixtur zieht. Dadurch kann sich der getragene Ausdruck des gleichmäßig fortschreitenden Stücks klanglich abwechslungsreich und dennoch eindringlich offenbaren. Herrlich.

Nicht weniger einprägsam geraten ihm Praeludium und Fuge d-Moll BWV 539. Ersteres spielt er besänftigend, während er der Fuge, einer bacheigenen Übertragung aus der 1. Sonate für Violine solo, allen Glanz schenkt. In den reich figurierten, spielerischen Begebenheiten vermeint man die Achterbögen auf den Saiten zu hören, kann man die unaufhörlichen harmonischen Umgestaltungen nachvollziehen. Gänzlich in seinem Element ist Zacher dann in der Partita „Sei gegrüßet, Jesu gütig“ BWV 768. Nachdem sich die schlichte Choralmelodie verhalten ausgebreitet hat, entfaltet er ein wohldurchdachtes Kompendium sinnfälliger Registrierungen voller kammermusikalischer Delikatesse. Verzierungsreichem Spiel im Diskant (Variation 1) folgen leicht verhangene, introvertierte Veränderungen. Diese kontrastieren mit flinken Choralfigurationen (Var. 3). Leidenschaftsbewegtes bricht sich mit Prinzipalstimmen Bahn. Dann wieder bettet sich die Flöte in den Tremulanten ein, schnarrt die Trompete, schreitet das Pedal gravitätisch einher Nichts wirkt dabei klanglich forciert. Von dieser Spieleinstellung profitieren ebenso Fantasie und Fuge g-Moll BWV 542, deren Stimmverläufe klar und eindringlich artikuliert werden. Gleich einer Quelle sprudelt die Fuge munter dahin, gewinnt sich durch des Organisten Spielfreude fast ungebremste Fahrt. Der Protestant Johann Sebastian Bach durfte sich im katholischen Gotteshaus bestens aufgehoben fühlen. Peter Buske

Peter Buske

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