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Kultur: Meeresblicke, Baumgesichter

Eine Ausstellung mit Naturimpressionen in der Babelsberger Galerie Herr

Stand:

Am Dunkelrot auf den Bildern von Bernd Fülle kommt man nicht so einfach vorbei. Samtig, sinnlich ist es und gleichzeitig von elementarer Kraft. Es verströmt sich, verästelt sich, gibt feine Blattstrukturen frei. Dazwischen markante Inseln aus kräftigem Türkis. Unvermittelt setzen sie der roten Omnipräsenz etwas ganz Eigenes entgegen. Geheimnisvoll sind sie in jedem Falle, diese Bilder. Die im Übrigen nicht gemalt sind, sondern fotografiert. Was auf den ersten Blick abstrakt erscheint, erweist sich dann als Variation einer sehr konkreten Naturbegebenheit. Das Vorbild fand Bernd Fülle in jener alten Lindenallee, die sich hinter dem Neuen Palais in Potsdam erstreckt. Für die „Strukturen I-VI“ der Serie „Allee“ standen die Bäume mit ihren borkigen Rinden und sich weit verzweigenden Blätterdach Pate. Durch die digitale Bearbeitung seiner Baumporträts gab Bernd Fülle ihnen ein ganz neues Gesicht.

Sichtweisen, Ansichten auf die Natur sind es, die Galerist Holger Herr für seine aktuelle Ausstellung „Ansicht“ im Babelsberger Galeriequartier versammelt. Neben dem Zyklus von Fülle zeigt er drei Fotoarbeiten von Roland Gräf sowie Bilder in Mischtechnik auf Leinwand einer gewissen Rosa und Zeichnungen der in Treuenbrietzen lebenden Künstlerin Veronika Hahn. Während Letztere seit 2001 auf Ausstellungsbeteiligungen und Einzelausstellungen zurückblicken kann, steht Rosa vergleichsweise am Beginn ihrer künstlerischen Laufbahn. Galerist Herr hat beide Damen unter seine Fittiche genommen. Dies nicht nur als Aussteller, sondern auch als Dozent für Malerei und Skulptur. Herr, der seit rund drei Jahrzehnten selber künstlerisch tätig ist, hat im vergangenen Jahr die „Kleine Kunst Akademie“ ins Leben gerufen. Wochenendseminare vermitteln einen Einstieg ins Porträtzeichnen, ins Zeichnen nach der Natur oder in die Abstraktion.

Denen, die noch mehr wollen, bietet die Akademie ein mehrjähriges Privatstudium an. Veronika Hahn und Rosa gehören zu den Elevinnen, die für künstlerisches Rüstzeug auf die Angebote der Akademie zurückgreifen. Das, was von ihnen in der Ausstellung zu sehen ist, resultiert aus der Aufgabenstellung Herrs, sich auf ganz persönliche Weise mit der Darstellung von Wasser auseinanderzusetzen. In Bildern wie „Stürmische See“, „Ruhige See“, einer „Trilogie“ (Rosa) oder in Farbzeichnungen (V. Hahn) formulierten sie das Thema mit kontemplativem Unterton. Die Assoziation von Wasser mit der Farbe Blau wird für den Betrachter als Gratwanderung zwischen den Klippen der monochromen Farbpalette erlebbar und dem Herantasten an den eigenen Ausdruck.

Als Galerist sieht Herr seinen Platz vor allem darin, auch weniger bekannte Talente zu fördern und zu zeigen. Die von ihm vertretenen Künstler haben sich meist als Autodidakten auf den Weg begeben. Auch der Regisseur und frühere Professor an der Filmhochschule Babelsberg, Roland Gräf, kam auf diesem Wege zur Fotografie. Mit ausgewählten Abzügen auf Alu-Dibond einer größeren Serie bringt er in der Galerie Herr leicht melancholische Stimmungen aus dem Fläming zur Ansicht. Ob in Schwarz-Weiß oder in Farbe verdichten sich Alleen oder ein altes Gehöft zu einer stillen Liebeserklärung. Auch, wer den Fläming selbst nicht kennt, erahnt hinter dem diffusen Licht solcher Impressionen etwas von dem, was Gräf an diesem Landstrich fasziniert. Almut Andreae

Die Ausstellung ist bis Ende September, Mo-Mi 10-18 Uhr, Do/Fr 15-18 Uhr, Sa 10-13 Uhr, in der Galerie Herr, Karl-Liebknecht-Str. 12, zu sehen

Almut Andreae

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