Kultur: Meister klangfarblicher Finessen
Bachtage: Orgelkonzert mit Roman Perucki
Stand:
Bachtage: Orgelkonzert mit Roman Perucki Welche künstlerischen Entwicklungen streben zu Johann Sebastian Bach hin? Was weist von ihm weg und in die Zukunft? Diesen Fragen suchen die Bachtage Potsdam auch in speziellen Angeboten nachzuspüren. Beim Konzert mit Roman Perucki an der Schuke-Orgel in der Propsteikirche St. Peter und Paul wird es exemplarisch erlebbar. Der polnische Künstler, Hauptorganist an der Kathedrale in Oliva, ist den Potsdamern kein Unbekannter. Den Internationalen Orgelsommer 2000 eröffnet er; zwei Jahre später verabschiedet er innerhalb des Festivals die altersschwach gewordene Klang-Königin der Friedenskirche. Nun erweist er sich erneut als Meister klangfarblicher Finessen. Wiederum stellt er mit Auszügen aus den Tabulaturen von Oliva (um 1619), Danzig (ca. 1591) und Pelplin (1620-1640) Raritäten aus heimatlichen Regionen vor. Es sind fast durchweg kurze, schlicht komponierte Stücke mit Überschriften wie Chorea, Padua, Canzona. Zur stilkundigen Realisierung dieser Preziosen, die ihre Herkunft vom Tanz nicht leugnen können, verwendet Roman Perucki sehr prägnante Soloregister. Die klingen schnarrend, gequetscht und näselnd, dann wieder lieblich und warm getönt. Auf den Wegen zu Bach hin nimmt auch das ungeübte Ohr eine stete Veränderung in Bezug auf Klangvolumen und Spiellänge wahr. Strahlender und glanzvoller und auch ausdrucksinniger hört sich an, was in den Chorälen „Allein Gott in der Höh“ und „Allein zu dir“ (aus der Pelpliner Tabulatur) zu introvertierter Gestaltung drängt. Als abwechslungsreiche Spielstücke entpuppen sich die acht Variationen der „Aria Sebaldina“ von Johann Pachelbel (1653-1706). Deren koloraturenreiche und rhythmische Veränderungen innerhalb der Oberstimmen drücken sich per gedackter Register und Schwellwerk aus. Die im Bass liegende Harmonie bleibt dagegen fast gleich. Dann ist das Zentrum erreicht. Principalbestimmt, gewichtig und monumental erhebt sich Bachs Praeludium und Fuge h-Moll BWV 544 gleich einem monolithischen Block. Der Organist meidet jede registratorische Experimente und spielt, in helle Farben getaucht, einen Bach wie man ihn kennt und liebt. Nun führen die Wege von ihm und hin zu polnischen Zeitgenossen. Auf eher altväterliche Weise geht Juliusz Luciuk (geb. 1927) in seinen „Marien Preludes“ zu Werke. Getragen, von religiöser Verehrung geprägt geht es hier zu. Aus der figurierten Diskantstimme rieseln Klangkaskaden herab. In ätherischen Regionen sorgt der Tremulant für himmlische Effekte. Wahrlich klangverschärft hört sich das dissonanzenreiche Stück „Sortie“ von Jan Janca (geb. 1933) an. Es ist einer barocken Primadonnenarie nicht unähnlich und überrascht durch seine toccatische Anlage. Grelle und bedrohliche Passagen schwellen an und ab, verbreiten Unruhe. Das Publikum hört dagegen ruhig und konzentriert zu, spendet schließlich herzlichen Beifall. Peter Buske
Peter Buske
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: