zum Hauptinhalt

Kultur: Meisterliches Meisterstudium Frankfurter Staatsorchester beim 5. Sinfoniekonzert

„Spiele immer, als hörte dir ein Meister zu“, schreibt Robert Schumann in seinen „Musikalischen Haus- und Lebensregeln“. Die Musiker des Brandenburgischen Staatsorchesters Frankfurt suchen beim 5.

Stand:

„Spiele immer, als hörte dir ein Meister zu“, schreibt Robert Schumann in seinen „Musikalischen Haus- und Lebensregeln“. Die Musiker des Brandenburgischen Staatsorchesters Frankfurt suchen beim 5. Sinfoniekonzert im Nikolaisaal des Meisters Worte umzusetzen. Und Chefdirigent Heribert Beissel hat gleich noch eine weitere Regel des Komponisten beim Worte genommen: „Meister wollen studiert sein“. Vorgeführt wird es sogleich mit Schumanns „Manfred“-Ouvertüre, von den Musikern bestens studiert und zu einem von Seelenstürmen durchtobten Charakterporträt des Byronschen Gedichthelden gestaltet. Lichte Stimmungen blitzen kurz auf, Elegisches bricht sich mitunter Bahn, ansonsten jedoch herrscht „faustisches“ Ringen vor. Das dafür erforderliche großbesetzte Orchester malt es in kräftigen Farben.

„Nur erst, wenn dir die Form ganz klar ist, wird dir der Geist klar werden“, lautet eine weitere Schumann-Regel, die an diesem Abend exemplarische Bestätigung erfährt. Und zwar bei der Wiedergabe von des Komponisten a-Moll-Violoncellokonzert op. 129, in dem die drei Sätze attacca ineinander übergehen. Ein Virtuosenkonzert im herkömmlichen Sinn ist es durch seine sinfonische Machart nicht, bei der Soloinstrument wie Orchester gleichberechtigten Anteil am musikalischen Geschehen haben. An den Solisten stellt das hochromantisch geprägte Konzertstück enorme Ansprüche bei der Bewältigung technischer Schwierigkeiten. Für den jungen Deutsch-Japaner Danjulo Ishizaka, mehrfacher Preisträger angesehenster Wettbewerbe, ist es kein Problem, sie zu meistern.

Es scheint des Singens und Klingens fast kein Ende, als der Solist auf seinem Stradivari-Instrument „Lord Aylesford“ (von 1696) den Einstieg in das träumerische Gespräch wagt. Gebannt hört man zu, wie Ishizaka unbeschreiblich weichen, warmen und süßen Tons in allen nur erdenklichen Gefühlsregungen schwelgt. Mühelos bewältigt er Lagenwechsel wie Stimmungsschwankungen. Kein Sandkörnchen vermag das Spielgetriebe zwischen ihm und dem Orchester zu stören. Die Satzüberschriften „nicht zu schnell“, „langsam“ und „sehr lebhaf“ werden mit entsprechendem musikalischem Leben erfüllt. Anmutig und verspielt zeigt sich der Kopfsatz, aus dem abrupt des zweiten Satzes zarte Kantilene voll klangleuchtender Innigkeit hervorgeht. Frohlaunig stürzt sich der Saitentroubadour in das technisch heikle, von kapriziöser Freude nur so sprühende Finalrondo. Dem aufrauschenden Beifall dankt Ishizaka mit der launigen Bourree aus Joh. Seb. Bachs 4. Cellosuite BWV 1010.

„Gegen dir unbekannte Namen hege kein Vorurteil“, fordert Schumann all jene auf, die dem Neuen gegenüber nicht sonderlich aufgeschlossen sind. Dabei gehört Dmitri Schostakowitsch längst zu den klassischen Meistern des 20. Jahrhunderts. Dennoch gehen einige Musikfreunde in der Pause, bringen sich so um den Höhepunkt des Abends. Das Orchester ist vollzählig zur „Materialschlacht“ der konfliktberstenden und existenzringenden 5. Sinfonie d-Moll op. 47 angetreten. Doch zunächst breiten die Musiker in spielerischer Eintracht und großer Ruhe das lyrische Seitenthema des einleitenden Moderato-Satzes aus, um wenig später umso heftiger die Bedrohlichkeiten des düster-grollenden Hauptthemas auszuspielen. Das hat genauso Biss, klangliche Härte und ein gehöriges Maß von lärmender Grelle wie später im brachial aufbrechenden Freudentaumel des Finales. Dazwischen erklingt das Allegretto als ein derb auftrumpfender, grotesker Ländler in Mahlerscher Manier, das Largo als schmerzvolle Klage voll der tränenlosen Trauer. Der ergreifenden Wiedergabe dankt verdientermaßen intensiver und anhaltender Beifall. Die Meister mochten es zufrieden sein.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })